Ausstellung im Polnischen Institut „Die Chassidim“: Bilder aus einer Parallelwelt

Düsseldorf · Im Polnischen Institut stellt Fotografin Agnieszka Traczewska ihre Fotos über ultraorthodoxe Juden aus.

 Eines der großformatigen Fotos, die in der Ausstellung von Agnieszka Traczewska zu sehen sind. 

Eines der großformatigen Fotos, die in der Ausstellung von Agnieszka Traczewska zu sehen sind. 

Foto: ja/Traczewska

Sie tragen Bärte, Schläfenlocken, schwarze Hüte und Mäntel. Sie beten den ganzen Tag lang und studieren Tora und Talmud. So tragen einige ihre geheiligten Schriftrollen unter dem Arm. Auf den großformatigen Fotografien von Agnieszka Traczewska, die jetzt im Polnischen Institut (Citadellstraße) zu sehen sind, erscheinen diese Männer wie Gestalten aus einer anderen Welt und Zeit. „Die Chassidim“ (oder Chassiden) sind ultraorthodoxe Juden: Ihre Vorfahren lebten im polnischen Galizien (z. T. in der heutigen Westukraine). Nach dem Holocaust zogen viele der Überlebenden nach Israel oder New York, wo sie sich bis heute von der übrigen Gesellschaft – besonders von den liberalen Juden – abschotten.

Sie pilgern in regelmäßigen Abständen zu den Friedhöfen und verfallenen Synagogen ihrer Ahnen in Galizien. In Bobowa. Lelów, Kalwaria etc. – dort wo die polnische Fotografin und Filmproduzentin Traczewska ihnen mit der Kamera näher kam. Genauer: kommen durfte.

Denn die Chassiden mit ihrer teilweise archaischen Lebensweise leben in einer Parallelwelt: Sie sprechen meist Jiddisch, haben eigene Schulen, in denen Mathematik oder Englisch nur in Ansätzen unterrichtet wird. „Bracha / Blessing“ (Segnung) – so der Titel der Ausstellung, die noch bis 14. Juni auf der Citadellstarße 7 zu sehen ist. Die 43 Bilder – in verschiedenen Formaten und überwiegend in Farbe – erzählen von den Pilgerfahrten, zu denen die Chassiden aus aller Welt aufbrechen, um an den Todestagen ihrer Vorfahren die Gräber zu besuchen und dort zu beten.

Die Männer in der archaischen Kluft wirken auf Traczewskas Fotografien fremd, manchmal sogar unheimlich. Kein Wunder, dass besonders die New Yorker Chassiden auf Kontakt zur Außenwelt verzichten. Zumal  seit 2012 – als Deborah Feldmans aufrüttelndes, teilweise schockierendes Buch „Unorthodox“ erschien. Sie berichtet von ihrer Jugend, wie sie in einer dieser Gemeinden aufwuchs, wie Frauen nach ihrer Hochzeit kahlgeschoren werden und wie schwer es für sie war, die Gemeinschaft zu verlassen und auszusteigen. Da mag für manche der Vergleich mit Sekten nahe liegen.

Umso erstaunlicher, dass die bei ihrer Pilgerfahrt fotografierten Rabbiner der polnischen Foto-Künstlerin vertrauten und (vermutlich) die Zustimmung zu dieser Ausstellung geben mussten. Häufig stehen klagende Männer mit Pelzkappen und Schriftstücken vor unkrautumrankten Gräbern und zum Teil verfallenen und verwitterten Grabsteinen, auf denen die hebräischen Schriftzeichen kaum noch zu erkennen sind. Auf dem jüdischen Friedhof in Bobowa entstand 2015 ein Foto mit einem Porträt eines Rabbi, der in die Heilige Schrift versunken ist. Auf einem anderen von 2017 beten die Männer für die Toten von Auschwitz. An Nachwuchs mangelt es dieser Religions-Gruppe nicht – zu erkennen an den Gesichtern von noch bartlosen Jungen oder Heranwachsenden mit leichter Flaumbehaarung an Kinn und Wangen. Einige von ihnen tragen bereits Schläfenlocken und die traditionelle, dunkle Ritual-Kleidung.

„Bracha /Blessing“ Back to Polish Shtetls. Fotografien von Agnieszka Traczewska. Polnisches Institut Citadellstraße 7, Di.-Fr. 10 bis 16/ 10-19 Uhr. TEL: 866 960, www.polnisches-institut.de