Konzert Edle Klangkultur und kollektive Präzision

Düsseldorf · Orchestre Philharmonique de Radio France und Sol Gabetta spielten in der Tonhalle.

Sol Gabetta war erneut Gast bei den Heinersdorff-Konzerten.

Foto: uwe arens

Das Düsseldorfer Publikum wird im Dezember mit außergewöhnlichen Konzerten verwöhnt. So zelebrierten das „Orchestre Philharmonique de Radio France“ und Cellistin Sol Gabetta unter der Leitung von Mikko Franck eine Musik-Performance, die man so selten erlebt.

„Der Zauberlehrling“, Scherzo für Orchester nach Goethes gleichnamiger Ballade von Paul Dukas, einem Zeitgenossen von Debussy, Ravel und Satie offenbarte gleich zu Beginn des Konzertabends eine orchestrale Klangkultur, die nicht nur klangsinnlich berührte, sondern auch ein hohes Maß an kollektiver Präzision vorführte. Großen Anteil an ebenso klangvollen wie zarten Streicherklängen, die auf den Punkt mit hervorragend eingestellten Bläsern harmonierten, hatte ihr Dirigent Mikko Franck. Unnachahmlich seine Gestik: mal saß er, mal stand er, mal drehte er sich um die eigene Achse, neigte sich gestenreich mal der ersten Geigerin, mal dem Cellisten zu. Ein vitaler, lockerer Franzose, der Leichtigkeit suggerierte und sein Orchester hundertprozentig im Griff hatte.

Dann kam der Auftritt der Cellistin Sol Gabetta. Sie spielte ein noch seltener aufgeführtes Werk, das „Konzert für Violoncello und Orchester c-Moll op. 43 von Mieczyslaw Weinberg. Geboren in Warschau war die frühe Schaffenszeit des Komponisten geprägt vom zweiten Weltkrieg, seiner Flucht in die Sowjetunion, während seine Familie blieb und ermordet wurde. Intensiv war seine Freundschaft zu Schostakowitsch. Stilistische Anlehnungen finden sich in seinem Cellokonzert, das unter dem massiven Druck des Stalin-Regimes und dem Eindruck der Ermordung seines Schwiegervaters 1948 entstand und sowohl Schmerz und Tragik als auch lebensbejahende Zuversicht widerspiegelt.

Sol Gabetta wurde mit ihrem weichen und dennoch durchdringenden Celloton wunderbar getragen von einem feinfühligen Streicherklang, wie ein Boot, das auf Wellen gleitet. Der letzte Satz offenbarte musikantische Spielfreude, tänzerische wie virtuose Elemente mit einem exzellenten, filigranen Schluss-Solo. Der begeisterte Applaus entlockte ihr noch eine Solo-Zugabe.

Der zweite Teil des Abends folgte inhaltlich der Grundlinie des Abends: Tod und Leben, Zerstörung und Auferstehung, Depression und Lebensmut. Passend zum Thema erklang Richard Strauss´ „Tod und Verklärung“, eine Tondichtung für großes Orchester op. 24. Hier entfaltete das Orchester seine großartig vielseitige Qualität. Der Zuhörer genoss ein farben- und facettenreiches Klanggemälde, Mikko Franck „spielte“ mit den Möglichkeiten, die ihm das Orchester bot. Es war Trauer, Lebensfreude und Verklärung pur.

Anders „La Valse“ von Maurice Ravel, ursprünglich als lebensbejahendes Werk konzipiert, in Erinnerung an den Walzerkönig Johann Strauß. Angesichts des gerade erst beendeten ersten Weltkrieges mutierte das Werk zu einem „Tanz auf dem Vulkan“, quasi einem Totentanz. Unter Francks Dirigat wurde „La Valse“ zu einem Symbol einer vergangenen Epoche und deren drastischer Auflösung. Man spürte, dass jeder einzelne Musiker die Aussage des Stückes zu seiner eigenen Botschaft machen wollte. Ein furioses Finale, wie man es selten von Berufsmusikern hört.

Der begeisterte Applaus des aufmerksamen Publikums wurde mit einer Zugabe belohnt.