Ein humorvoller Held der Kunstwelt

Georg Herold, der ehemalige Dekan der Kunstakademie, hat den Eiskellerberg verlassen. Zuvor kaufte die Stadtsparkasse ein Kaviar-Bild von ihm fürs Museum Kunstpalast.

Düsseldorf. Vor zehn Jahren herrschte in der Kunstakademie Aufregung. Eine Studentin wollte ihre Examensprüfung bei dem Bildhauer Klaus Rinke ablegen, aber der Co-Prüfer erschien nicht. Er saß in Berlin und hatte vermutlich den Termin verschwitzt. Die Studentin wartete mehrere Stunden auf ihren Abschluss. Da rauschte Georg Herold herein. Man hatte ihn um Hilfe gerufen. Mit einem Tempo sondergleichen ging er schnurstracks zur wartenden Studentin und hielt wenig später in dem von ihr umgebauten Klassenraum die Prüfung ab. Die Situation war gerettet. Herold war Dekan der Akademie.

Foto: Helga Meister

Inzwischen aber hat er sang- und klanglos die Kunsthochschule verlassen. Er wurde emeritiert. „Wir haben als Freunde, Künstler und Kollegen auch eine Verantwortung übernommen. Wenn man so einen Job macht als Professor und Dekan, gibt es auch Verpflichtungen, die einfach dazu gehören“, sagt er. Bei ihm konnte man sich jedenfalls verlassen, er war präsent.

Er führte seine Klasse im Bewusstsein, die jungen Leute nicht einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Er hakte immer wieder nach. Er wollte den jungen Menschen klar machen, stark genug zu sein, um eines Tages außerhalb der Akademie ein Leben mit freier Kunst zu meistern. Er gab keine Überlebenshilfe, aber er wollte die Studenten stärken, ihre Fähigkeiten zu erkennen und für die Zukunft auszubauen.

Herold hat an der Documenta teilgenommen. Er gilt als einer der letzten Helden der Kunstszene, die Humor besitzen. Den hatte der ehemalige DDR-Häftling auch bitter nötig. Von 1963 bis 1989 kaufte die Bundesrepublik 33 775 politische Häftlinge aus der DDR frei. 1979 hatten sich die Regierungen auf 95 000 Mark pro Freikauf oder Warenlieferungen geeinigt. Herold betrat im Dezember 1973 westdeutschen Boden, studierte in München und in Hamburg, wo er in Sigmar Polke einen Bruder im Geiste fand, Polke aus Schlesien, Herold aus Jena. Knechte einer Ideologie wollten beide nicht sein.

1982 kam Herold nach Köln und blieb. „Hier habe ich einfach tausend Freunde“, sagt er. Im Jahr 2000 wurde er Professor in Düsseldorf und pendelte nun von Köln nach Düsseldorf. „Ich wollte ja nicht unbedingt Professor werden. Ich war vorher in Frankfurt Professor und davor Gastprofessor in Amsterdam. Wenn ich überhaupt noch so eine Stelle annehme, musste sie in meiner Nähe liegen“, sagt er rückblickend.

Herold pflegt in seiner Kunst, die Dinge auf die Spitze zu treiben. So entstand etwa ein „Kokainberg“, indem er einen Styroporkern mit Polyurethanlack beschichtete, leicht tönte und aushärten ließ. Als das Werk erstmals in K 21 gezeigt wurde, waren die Besucher irritiert. Sie waren sich nicht sicher, was sie vor sich hatten, denn ein magisches Strahlen ging von diesem Berg aus. Er verriet eines: Bei all der demonstrativen Anti-Haltung sind Herolds Werke durch eine sehr direkte Schönheit geprägt.

Mit Yuppies aus Dachlatten und einer Haut aus glänzendem Kunststoff sowie mit Beluga-Kaviar machte er von sich reden. Die Stadtsparkasse Düsseldorf entschloss sich im vergangenen Jahr zu einem Ankauf für ihre Stiftung und kaufte eine Kaviar-Tafel, die als Dauerleihgabe ans Museum Kunstpalast ging.

Im WZ-Gespräch erklärt Herold, warum er auf dem Höhepunkt des Kunstmarktes in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre derlei Materialien benutzte: „Leute, die Kaviar essen, haben Geld und sehen daher auch gern solche Bilder an der Wand.“ Herolds Technik: „Schütten und aufstreichen und kontrollieren. Vorher wird die Leinwand grundiert und präpariert.“ Weil das Werk zugleich ein wunderbar abstraktes Gemälde ergab, setzte er noch eins drauf und nähte winzige Kugeln einzeln an die Leinwand.

Herold wohnt in Köln. Dort hat er ein großes Atelier, von dem man in Düsseldorf nur träumen könnte. Er kennt Köln wie Düsseldorf bestens. Es gebe zwei Unterschiede zwischen den Städten, sagt er: „In Düsseldorf steht man, wenn man jung ist, gern am Tresen und redet. Hier in Köln sitzt man eher. Aber Köln hat nicht so viele Zwänge wie Düsseldorf. Es ist so eine alternativ-mittelalterliche Freiheit.“ Zu Polkes Zeiten, also in den 1970er Jahren, sei Düsseldorf spritzig und sehr individuell gewesen. Und heute? „Heute ist Düsseldorf etwas gleichgeschaltet.“