Ein musikalisches Bilderspektatel
Medienkunst: Robert Schumanns „Manfred“ in einer packenden Inszenierung.
Düsseldorf. Er lässt sich eigentlich kaum überzeugend aufführen, der "Manfred" von Robert Schumann, eine Vertonung des gleichnamigen dramatischen Gedichts des britischen Lyrikers Lord Byron. Die dabei entstandene Gattung liegt irgendwo zwischen Melodram und Oratorium. Es geht auf sprachlich antiquierte Weise um Schuldgefühle und Sehnsüchte als Folge eines Inzests, welchen Manfred, wie er bekennt, einst mit der Schwester begangen hat. Die gesprochenen Monologe sind tief melancholisch, gefühlsgeladen und pathetisch. In der Tonhalle gelang nun eine packende Visualisierung des sonst so sperrig wirkenden Opus’.
Die erzromantische Märchensymbolik in den Texten von Lord Byron, 1788 in London geboren und 1824 in Griechenland gestorben, wirkt auf heutige Gemüter etwas fremd und emotional überladen. Ein Rezitator, der emphatische Gespräche mit Geistern und einer Alpenfee führt, kann in der nüchternen Atmosphäre eines Konzertsaals komisch wirken. Die moderne Ton- und Bildtechnik ermöglicht jedoch eine Inszenierung voller Bilder, Farben und Überblendungen, durch welche der Besucher wie im Kino in Sphären entführt wird, wo die Realität an Gewicht verliert.
Der Medienkünstler Johannes Deutsch schuf Projektionen einer Alpenlandschaft und anderer Panoramen, um das seelische Befinden des Titelhelden zu illustrieren. Manfred-Darsteller Johann von Bülow steckt während der gesamten Aufführung in einer weißen, stoffbezogenen Kugel, die von der Tonhallendecke baumelt. Eine in der Kugel befindliche Kamera filmt das Gesicht und die Mimik des Schauspielers. Die dabei entstehenden Bilder werden transparent in die Landschaftsprojektionen eingeblendet - ein starker Kunstgriff, durch den die Verbindung von Figur und ihrer seelischen Welt sichtbar wird.
Hinzu treten zwei weitere Glückfälle: die Möglichkeit für Johann von Bülow, leise in ein Mikrofon zu sprechen, und seine subtile Artikulationskunst. Dadurch behält die sprachliche Entäußerung des Seelenlebens ihre Intimität und wirkt nicht so äußerlich in den Saal gerufen. Dieser Effekt konnte nur durch die Tonverstärkung erreicht werden. Unterdessen macht die musikalische Leistung der Gesangssolisten sowie des Musikvereins und der Düsseldorfer Symphoniker unter Leitung von Andrey Boreyko einen durchweg soliden, wenn auch orchestral nicht unbedingt brillanten Eindruck.
Das ZDF zeichnete die Aufführung auf. Die Ausstrahlung ist für März 2011 geplant.