Eine Kunstausstellung ohne Originale
Gregor Jansen präsentiert am Grabbeplatz eine Schau zu Richter, Polke, Lueg und Kuttner.
Düsseldorf. 1963 sorgten vier Akademiestudenten für Aktionen, die in die Geschichte eingehen sollten. Manfred Kuttner, Konrad Lueg, Sigmar Polke und Gerhard Richter mieteten einen leerstehenden Fleischerladen an der Kaiserstraße 31a und stellten ihre poppige Kunst aus. Richter, damals noch nicht Nummer 1 der Weltkunst, wirbelte im Schreiben an die „Wochenschauen“, wie die Rundfunkanstalten damals hießen, mit frisch angelesenen Begriffen wie Pop Art, German Pop, imperialistischem und kapitalistischem Realismus herum. Eine typische Jugendsünde.
Der Begriff „Kapitalistischer Realismus“ tauchte wenig später auch in der Altstadt auf, wo Richter, Polke und Lueg im Möbelhaus Berges als lebende Skulpturen selbst im Schaufenster saßen. Die Kunsthalle Düsseldorf erinnert jetzt an beide Ereignisse in ihrer Schau.
Richters Arbeiten von einst zeigten etwa den Papst, einen Mund, einen Hirsch oder Schloss Neuschwanstein. Kuttner hob einen mit violetter Leuchtfarbe bestrichenen Stuhl zur Ikone und nannte ihn „Heiligen Stuhl“. Lueg, der spätere Galerist Konrad Fisch, steuerte als Motive vier Finger, betende Hände oder Bockwürstchen auf Pappteller bei. Man hätte sich also auf diese Schau der Raritäten freuen können. Das aber ist nicht der Fall. Die Ausstellung nennt sich „Leben mit Pop. Eine Reproduktion des Kapitalistischen Realismus.“
Also keine Originale, sondern Kopien mit „Originalmaß“. Dafür hat das Büro Kuehn Malvezzi eine Ausstellungsarchitektur entworfen, deren Räume mit vergrößerten Fotos aus der Zeit tapeziert sind. Nimmt die einst renommierte Kunsthalle nun die Funktion eines Stadtarchivs wahr? Kunsthallenchef Gregor Jansen wehrt sich gegen den Vorwurf, den Standort abzuwerten. Er sagt: „Wir haben festgestellt, dass die Leihgeber ihre Werke aus konservatorischen Gründen nicht mehr herausgeben. Der Aufwand mit Klimakisten, Restauratoren und Versicherungswerten wäre teuer. Aber auch die Architektur ist nicht billig.“
Jansen rechtfertigt sich aber auch mit Pop selbst: Das waren triviale Bilder, Massenmedien, Konsumartikel, das Billigste und Banalste. Richter fand unsere Idee der Reproduktion toll.“