Entdeckungsreise beim Photo Weekend

Alle Fotofans können an drei Tagen erleben, was man mit der Kamera alles belichten kann. 40 Häuser zeigen lustige Bilder.

Da steht eine Allerweltsfrau vor einer Litfaßsäule in Athen und nestelt an der Einkaufstüte. Ein gelungener Kontrast ist dies zum werbewirksamen Bild zweier Models auf der Plakatwand.

Foto: Noel Schramm/ Galerie Kiki Maier-Hahn

Düsseldorf. Am 30. Januar startet das Düsseldorfer Photo Weekend auf höchstem Niveau. Spannend, vielfältig und größer denn je. Mit vielen Überraschungen. Der Ausstellungsreigen ist der Galeristin Clara Maria Sels zu verdanken, der selbstlosesten Kunsthändlerin in Düsseldorf.

Sie ist keine Strippenzieherin, die Konkurrenten ausschließt. So machen denn alle Galerien, die Rahmenhandlungen wie Conzen am Carlsplatz, Auktionshäuser wie Grisebach, das Weltkunstzimmer an der Ronsdorfer Straße und eine Kunsthandlung für Behinderte mit. Also kein handverlesener Zirkel aus Flingern, sondern ein Defilee von Fotos voller Überraschungen.

Die ehrenamtlich agierende Clara Maria Sels hat die Szene abgegrast und viel Zeit geopfert. Sie hat sich in den Alternativräumen umgeschaut und Neueinsteiger neben alten Hasen besucht. Sie nahm die sonst eher reservierte Universität ins Boot, die trotz ihres neuen Hauses am Schadowplatz sonst wenig Engagement für die Landeshauptstadt zeigt. Hier löst ein Vortrag den anderen ab.

Sels gelang es sogar, den Seniorkurator Martin Barnes vom Victoria and Albert Museum aus London als Gastredner an den Rhein zu holen, damit er über die unermesslichen Fotoschätze an seinem Haus spricht. Selbst das Kunstarchiv Kaiserswerth unter Volker Kahmen ist dabei, das normalerweise nahe der Kaiserpfalz den Schlaf der Gerechten schläft. So sind 40 Institute beteiligt, 15 mehr als Vorjahr.

Von der Galerie Kiki Maier-Hahn am Belsenplatz hat man lange nichts gehört. Jetzt trumpft sie mit Fotos auf, die der Künstler Jean Noel Schramm in Athen gemacht hat. Der juxt mit der Kamera. Auf einem Plakat schmiegt sich das schöne Model Bianca Balti an den männlichen Körper von David Gandy, um für das Label Dolce & Gabbana zu werben. Im Kontrast zur Werbewelt steht eine Athenerin in Allerweltklamotten vor dem Plakat und nestelt in der Einkaufstüte. Wer in der Villa Grisebach vorbeischaut, sieht neben kapitalen Giraffen im Berliner Zoo sogar das Model Nadja Auerman.

Die Filmwerkstatt in der Birkenstraße ist ständiger Mitstreiter aller Events. Diesmal ist sie mit drei Filmen des Fotoklassikers Robert Frank dabei. Die Galerie Ute Parduhn gräbt Bilder aus den 1950er und 1960er Jahren von Pietro Donzelli aus, eine zentrale Figur im Italien der Nachkriegszeit. „Die Zeit scheint aufgehoben in diesen großartigen Schwarz-Weiß-Bildern voller Zauber“, sagt die Galeristin aus Kaiserswerth.

„Raumsechs“ nennt Olaf Pilz seine „temporäre Galerie“, die gerade im Hinterhof unweit des Nikolaus-Knopp-Plates Station macht. Dem Jungunternehmer gelang es, den berühmten ostdeutschen Fotografen Hans-Christian Schink erstmals nach Düsseldorf zu holen. Ein Jahr nach dem Tsunami war der Leipziger Künstler als Stipendiat in der am stärksten betroffenen Region Tohoku. In seiner Serie kombiniert er Wohnhäuser, die wie Spielzeug aufeinander getürmt sind, sowie Industriegebäude, von denen nur noch Stahlskelette bleiben.

Die Düsseldorfer Förderpreisträgerin Anne Pöhlmann zeigt im Kunstraum, wie doppeldeutig und verzehrend schön ein Tuch aussehen kann, wenn man Photoshop im Internet überlistet und eine eigene, fast schon überirdische Brillanz ins Spiel bringt. Burkhard Eikelmann präsentiert mitten in der Oberkasseler Pintenmeile Originalabzüge vom Rockstar Mick Jagger, Frontmann der britischen Rockgruppe The Rolling Stones. Ein belgischer Sammler stellte dem Galeristen diverse Pressefotos zusammen.

Eine kleine Sensation sind die Entdeckungen des Düsseldorfer Künstlers Markus Karstieß als Stipendiat in Rom. Dort hat er die Spuren des verstorbenen Land-Art-Künstlers Robert Smithson zurückverfolgt und ist auf herausragende Aufnahmen des 71-jährigen renommierten italienischen Dokumentaristen Claudio Abate gestoßen, der in den 1970er Jahren die gesamte Avantgarde mit seiner Kamera festgehalten hat. Die Fotos sind in der Galerie Van Horn zu sehen und beweisen die Perfektion des Italieners im Erzeugen diverser Schwarz-Weiß-Töne mit der analogen Kamera. Ein Nachfahr in Schwarzweiß ist auch der Italiener Gabriele Croppi, geboren 1974, in der Galerie Sels.

Clara Maria Sels hat für große Schauen im NRW-Forum gesorgt. Die Deutsche Börse, eine der wichtigsten Förderer im Bereich zeitgenössischer Fotografie, stellt sich mit „Menschliche Natur“ vor. Aus dem berühmten Winterthur Fotomuseum kommt „NeoRealismo“ mit alten Fotos, Filmplakaten und Federicos Fellinis Film La Strada von 1954. Der Neorelismus wurde im aufkommenden Faschismus ab 1932 geboren, begleitete und dokumentierte den Zusammenbruch des Regimes und den Wandel Italiens hin zu einer modernen Gesellschaft in den 1960er Jahren.

Schließlich sei noch eine junge Galerie vermerkt, die Direct Art Gallery in der Carlstadt. Der 19-jährige Autist Aaron Fahlefeld bewegt dort die Kamera während der Langzeitbelichtungen. Dadurch schreibt er gleichsam mit Licht abstrakte Farbkompositionen in die Dunkelheit.