Das Schauspielhaus möchte in der neuen Saison unter anderem Schirach, Dickens und ein Stück über Fortuna zeigen – eine Hand voll Empfehlungen zum Spielplan-Entwurf. Fünf Stücke, auf die wir uns freuen

Düsseldorf · Wenn es ab September wieder eine Spielzeit gibt, dann haben Schauspielhaus-Intendant Wilfried Schulz und sein Team viel vor. Bis Dezember könnte es im Großen Haus neun Premieren oder Uraufführungen zu erleben geben, vier weitere im Jungen Schauspiel an der Münsterstraße beziehungsweise im Central am Hauptbahnhof und noch zwei der Bürgerbühne (siehe Infokasten).

 Das Bild zeigt die Schauspieler aus der Inszenierung von „Gott“ von Ferdinand von Schirach.

Das Bild zeigt die Schauspieler aus der Inszenierung von „Gott“ von Ferdinand von Schirach.

Foto: Thomas Rabsch

Wir haben fünf Inszenierungen rausgesucht, bei denen unsere Vorfreude besonders ausgeprägt ist.

Der Diskussionsstoff: „Gott“ Ferdinand von Schirachs „Terror“ war eines der bestbesuchten Stücke der vergangenen Jahre, weil die Zuschauer als Geschworene über einem Gerichtsfall auf der Bühne abstimmen konnten. Schirachs neues Werk „Gott“ wiederholt das Konzept mit neuem Ansatz. Diesmal tagt der Deutsche Ethikrat und erörtert, ob einem kerngesunden Mann Beihilfe zum Selbstmord geleistet werden darf. Dabei macht wie bei „Terror“ nicht das abschließende Votum den Reiz aus, sondern der Weg dahin, also die (vielen) Momente, in der man seine Meinung nochmal umwirft und plötzlich mit Figuren übereinstimmt, von denen man das wirklich nicht erwartet hätte. (Ab 10. September, Regie: Robert Gerloff)

Der große musikalische Abend: „Alice“ Ursprünglich sollte André Kaczmarczyk in der neuen Spielzeit ein neues Format ausprobieren, in dem Musik eine wichtige Rolle spielt. Das ist unter Corona-Bedingungen aber nicht möglich. Deshalb folgt auf „Boys don’t cry“ und „I built my time“ im Herbst ein dritter musikalischer Abend des Künstlers. Er nähert sich diesmal dem Paradoxen. Ausgangspunkt bilden Motive von Lewis Carroll, also aus „Alice im Wunderland“. Corona soll dabei, Stand jetzt, keine Rolle spielen. Parallelen, zu dem was wir heute als Wirklichkeit erleben, sind aber nicht ausgeschlossen. Oder wie die Grinsekatze aus der Vorlage sagt: „Ich bin nicht verrückt. Meine Realität ist nur eine andere als Eure.“ (Ab 29. Oktober, Regie: André Kaczmarczyk, Musikalische Leitung: Matts Johan Leenders)

Das Familienstück: „A Christmas Carol“ Die Macher des Jungen Schauspiels haben lange überlegt, ob sie dieses Jahr ein Weihnachtsstück auf ihren Spielplan nehmen und sich schließlich dafür entschieden, um ein Zeichen der Hoffnung zu setzen. Sie haben dafür den klassischsten aller klassischen Stoffe der Jahreszeit ausgewählt, Dickens’ „A Christmas Carol“. Die Stücke der vergangenen Weihnachten haben gezeigt, dass in Düsseldorf aus vertrauten Stoffe starke Inszenierungen werden, dafür spricht in diesem Jahr zusätzlich die Regisseurin. Mina Salehpour hat hier „Paradies“ inszeniert. Klingt nach von Schirach, war aber die fantasiereich erzählte Geschichte eines Jungen, der sich für den Islam opfern will. (Ab 15. November, Regie: Mina Salehpour)

Der Geheimtipp: „Come as you are“ Der Regisseur Armin Petras nennt sich als Autor Fritz Kater und hat unter diesem Namen in den vergangenen Jahren ein paar wirklich tolle Stücke in die Welt gebracht, etwa „zeit zu lieben zeit zu sterben“ oder „We are camera“. Seine nächste Uraufführung ist eine Koproduktion des Düsseldorfer Schauspielhauses und der Volksbühne in Berlin und trägt den nicht gerade eingänglichen Titel „Come as your are (jokastematerial oder der kapitalismus wird nicht siegen)“. Gemeinsam haben die Werke neben der Abneigung gegen Großbuchstaben eine recht heftige, aber deshalb auch so gute Melancholie. Das neue Werk spielt in einem Berliner Wohnblock und erzählt von einer Blinden, einer Alleinerziehenden, einem Arbeitslosen und einer jungen Selbstmörderin. Ein Panoptikum, das erstmal nicht nach Stimmungsaufheller klingt, aber einer werden könnte. (Ab Dezember oder Januar, Regie: Armin Petras)

Das riskante Werk: „O Fortuna!“ Düsseldorfs großer Fußballverein feiert in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag. Dazu hat die Bürgerbühne ein Werk geplant, in dem große und kleine Geschichten der Fortuna erzählt werden, von Fans und Ultras, Ex-Spielern und Nachwuchssportlern, Stadionsprechern, Platzwarten und Anwohnern. In Mönchengladbach gibt es zur dort beheimateten Borussia eine Revue, die für die Düsseldorfer hoffentlich nur als Maßstab gilt, den man toppen wird. Den ersten Hinweis, ob dies gelingt, liefert der erste Teil des hiesigen Werks, das im September oder Oktober Premiere feiern soll. Der große zweite Teil folgt 2021. Könnte ein Kracher werden, trägt aber von allen Stücken der nächsten Spielzeit das größte Risiko in sich, ein Abstiegskampf auf Brettern zu werden (Teil eins ab September/Oktober, Teil zwei 2021, Regie: Felix Krakau)