Frau Gaensheimer, was wollen Sie mit dem Museum global?
Interview Düsseldorf: Wie die Grabbehalle zum Off-Raum wird
Düsseldorf · Susanne Gaensheimer, die neue Chefin der Kunstsammlung, erklärt, warum sie für das „Museum global“ alles auf den Kopf stellen muss.
Susanne Gaensheimer, neue Direktorin der Kunstsammlung, legt ein enormes Pensum vor. Erst entdeckte sie mit Carmen Herrera eine kubanisch-amerikanische Künstlerin, dann krempelte sie das K 21 um und brachte mit Lutz Bacher eine Sensation ins Haus. Derzeit räumt sie die Dauerausstellung am Grabbeplatz für das „Museum global“ aus. Die Grabbehalle ist nicht wiederzuerkennen.
Gaensheimer: Wir wollen uns über den Tellerrand hinaus fragen, was es zeitgleich zu unserer Sammlung in anderen Ländern gab. Wir müssen aber von unserer Sammlung ausgehen, sonst macht das Globale keinen Sinn.
Setzen sie neue Akzente?
Gaensheimer: Wir beginnen mit einem Prolog zu Paul Klee, indem wir die Gründungsgeschichte dieses Museums aufgreifen, die ja schon einen globalen Aspekt hat. Das Land erwarb 1961 88 Werke von Paul Klee aus der Sammlung Thompson, um kulturpolitisch und außenpolitisch ein Zeichen zu setzen nach den Jahren der Nazis. Es wollte sich als ein freiheitliches Land präsentieren. Deshalb reiste die Sammlung bis in die 1980er Jahre durch die ganze Welt. Wir zeigen aber auch einen Epilog, um in den ersten Ankäufen nach 1961 die Visionen des Gründungsdirektors Werner Schmalenbach zu eruieren.
Was vergleichen Sie denn im Hauptteil?
Gaensheimer: Etwa ein Gemälde von Kirchner mit dem des japanischen Modernisten Yorozu Tetsugoro zur selben Zeit. Japan entdeckte damals gerade den Künstler als Individuum. Da gibt es Beeinflussungen. Es entstanden neue Strömungen, neue Ausdrucksformen und Manifeste. Damit veränderte sich die Formensprache.
Sie vergleichen also Bild für Bild? Wird nun, nachdem die Mitarbeiter jahrelang am Projekt arbeiteten, alles umgeworfen?
Gaensheimer: Nein. Vor drei Jahren wurde in allen Teilen der Welt recherchiert, um vergleichbare Entwicklungen der Moderne zu finden. Nun arbeiten wir aus dem recherchierten Material die Geschichten heraus.
Das Projekt wirkt sehr arbeitsintensiv. Wer arbeitet daran?
Gaensheimer: Unser wissenschaftliches Team, unser Bildungsteam und freie Kuratoren. Insgesamt rund 20 Mitarbeiter. Die Initiative kam von der Bundeskulturstiftung. Man will erfahren, ob wir unser Museum erweitern oder verändern müssen.
Sie bauen gerade die Grabbe-Halle zum neuen Off-Raum um, was planen Sie?
Gaensheimer: Wir arbeiten mit dem Berliner Architekturbüro raumlabor zusammen, das sich mit Orten beschäftigt, wo das Museum in einen öffentlichen Raum übergeht. Wir bauen den Raum für verschiedene Vermittlungsangebote um. Es gibt eine Siebdruckwerkstatt, ein Café und einen Infostand. Wir planen eine Arena für große Gesprächsveranstaltungen und einen kleineren Raum für kleinere Workshops. Der Zugang soll über den Grabbeplatz, aber auch über den Haupteingang sein.
Der Off-Raum ist gratis?
Gaensheimer: Ja, aber nur für dieses Projekt.
Wird auch der Grabbeplatz bespielt?
Gaensheimer: Leider ist es ja im November kalt. Aber wir werden Symposien, Vortragsreihen, Kooperationen mit Bildungseinrichtungen wie der Diakonie, mit Schulen, mit der Universität haben. Wir wollen erforschen, wie das Museum der Zukunft aussehen kann. Wo müssen wir uns öffnen?
Gibt es bessere Erklärungen in den Ausstellungen selbst?
Gaensheimer: Ja. Wir haben schon in K21 neue Wandbeschriftungen. In K20 werden sie sogar in zehn Sprachen haben. Ganz konkrete und sachliche Texte.
Als Bildungsoffensive?
Gaensheimer: Man darf an die Besucher keine konkrete Erwartung stellen. Sie können auch einfach nur durchschlendern, sich für Medien, Digitales oder Performance interessieren. Viele Menschen wollen ja etwas erleben. Außerdem sollen sich die Düsseldorfer genauso wohl fühlen wie internationale Gäste. Wir haben in Düsseldorf eine große chinesische Community, die größte in Deutschland nach der japanischen.
Gibt es Gespräche mit der Stadt für den Grabbeplatz?
Gaensheimer: Oberbürgermeister Thomas Geisel plant ein tolles Projekt, das blaugrüne Band als Verbindung vom Kunstpalast und Hofgarten über die Kunstakademie, die Häuser am Grabbeplatz und über den Graf-Adolf-Platz zum K21. In diesem Zusammenhang wird auch der Grabbeplatz verändert. Dann wird man grundsätzlich darüber nachdenken, wie sich das Haus zum Platz verhält.