Heftige Kritik am Umbauplan des K 20

Die neue Chefin der Kunstsammlung NRW, Susanne Gaensheimer, überlegt einen Umbau auf Kosten der Grabbe-Halle. Ihre Pläne stoßen überwiegend auf Ablehnung.

Foto: Kunstsammlung/Klein

Düsseldorf. Die neue Chefin der Kunstsammlung, Susanne Gaensheimer, möchte ihrem Haus mehr Besucher bescheren und daher den Eingang auf den Grabbeplatz verlegen. Dafür muss sie jedoch die ungewöhnlich hohe Grabbehalle als Ausstellungshalle opfern, zugunsten einer multifunktionalen Halle mit Eingangszone. Das Kuratorium wird sich am Dienstag mit dem kühnen Gedanken beschäftigen. Doch schon jetzt regt sich Widerstand. Die WZ stellt Gaensheimers Vorschläge zur Diskussion. Vier von fünf Museumsleuten, die in dieser Halle gearbeitet haben, äußern große Bedenken.

Vorab ein paar Worte zur Geschichte von K20. 1986 wurde der Bau mit der polierten, blaugrauen Syenit-Fassade eingeweiht. Der Eingang liegt in der eher dunklen Passage, die jedoch zur wichtigen Achse vom Ehrenhof zum Grabbeplatz gehört.Die Grabbe-Halle ist 48 Meter lang, 12,50 Meter breit und 14 Meter hoch, mit Oberlicht und Seitenlicht.

Jörn Merkert war 1984 bis 1987 stellvertretender Direktor der Kunstsammlung. Von 1987 bis 2010 leitete er die Berlinische Galerie, das Landesmuseum für moderne Kunst, Fotografie und Architektur.

Er hat die Grabbehalle vielfach getestet. Bei der Retrospektive zu David Smith gab es doppelte Ebenen und Rampen. Danach nahm er alle Einbauten heraus und zeigte Schlemmers Triadisches Ballett als Theater. Seine Erfahrung: „Eine so außergewöhnliche, auch in den Proportionen außergewöhnliche Halle ist nicht zu unterschätzen. Ich muss mit dem Raum in einen Dialog treten, dann begreife ich, was man machen kann.“ Jungen Künstlern falle bestimmt viel ein, wenn man sie einlädt, sagt er.

Merkert hatte in der Berlinischen Galerie sogar zehn hohe Hallen, und er sagt: „Ich habe sie extra so strukturiert, in Erinnerung an Düsseldorf, um viele Möglichkeiten zu haben. Sailsdorffer hat in einer Installation eine große Tanne kopfüber aufgehängt. Die drehte sich. Wo kann man solche Dinge machen? Man braucht einen außergewöhnlichen Raum, um Außergewöhnliches machen zu können.“

Ulrich Krempel war von 1988 bis 1993 Ausstellungsleiter der Kunstsammlung. 1993 bis 2014 leitete er das berühmte Sprengel-Museum in Hannover. Er findet die Grabbe-Halle „schwierig, aber toll“. Er lehnt einen Umbau entschieden ab, wenn er sagt: „Als Eingangshalle erinnert sie dann eher an den Kaufhof, und die Kunstsammlung hätte einen exzellenten Raum verloren. Er schreit geradezu nach großen, nationalen und internationalen Künstlern, die man einlädt, um Dinge zu machen wie in der Tate Modern.“ Sein Ratschlag an die Kollegin: „Lieber eine Auseinandersetzung mit dem Raum, um ihn für die Kunst nutzen. Aber man sollte ihn nicht klein machen durch ein Entree oder was auch immer.“

Julian Heynen war 2001 bis 2016 künstlerischer Leiter der Kunstsammlung NRW. Er sieht einen Umbau der Halle sehr skeptisch, denn dann müsste auch der Grabbeplatz umgebaut werden. Und das nur, um auch Performances zu machen und ein Theaterpodium zu haben. „Die meisten Museen investieren heute hauptsächlich in Marketing und Beton. Man muss sich eher über die Inhalte Gedanken machen als über eine Erweiterung oder Änderung. Dann ist die Architektur nicht so wichtig.“ Die Halle sei nicht ideal, aber eine Änderung koste Millionen Euro.

Pia Müller-Tamm arbeitete von 1995 bis 2009 am Grabbeplatz, bis 2009 als wissenschaftliche Leiterin, 2008/2009 als Interimschefin. Sie ließ sich vor ihrem Abgang als Direktorin der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe von einem Kölner Architekten einen Umbauplan für die Grabbehalle anfertigen, mit einer Erschließung über den Grabbeplatz und einer Zweiteilung der Halle. Sie begründet den Umbau ähnlich wie ihre spätere Nachfolgerin, indem sie von einer „wahnsinnig großen Fläche“ der Grabbehalle spricht. Diese Fläche zu bespielen, sei schwierig. Sie dachte seinerzeit an eine waagerechte Unterteilung. Zugleich hätte man einen neuen Eingang gehabt, der nicht so versteckt liegt wie der jetzige. Mit der Erweiterung des Hauses sei die Grabbehalle nicht mehr die einzige große Halle. Nun habe man die Aufgabe, die Klee-Halle gut zu füllen. „Das Haus hat wahnsinnig viel Fläche, wenn man K 21 hinzurechnet. Das alles kann man sehr wohl noch etwas restrukturieren. Man darf den alten Zeiten mit dem vielfach männlichen Programm nicht nachweinen.“

Armin Zweite leitete 1990 bis 2007 die Kunstsammlung, anschließend war er bis 2013 Direktor der Sammlung Brandhorst. Er betreute spektakuläre Projekte in der Grabbehalle, beispielsweise für Richard Serra oder Gerhard Merz. „Die Architekten wollten die Passage zur Akademie und Altstadt offen halten, denn die ist wichtig. Sie überlegten sich den Eingang wie ein Bienenloch sehr genau. Denn man geht durch eine Drehtür in ein relativ kleines Foyer und steigt über die Treppen oder den Aufzug ins Licht auf. Das ist eine fantastische Überlegung.“ Wenn man jetzt anfange, alles zu ändern, sei die Grundidee mit dem Aufsteigen zum Licht ins Obergeschoss zerstört. Eine Halle wie die am Grabbeplatz gebe es in ganz Deutschland nicht.

Sein Fazit zu Gaensheimers Umbauplänen: „Wenn man diesen Bau verändert, macht man ihn unkenntlich. Der großartige Bau von Dissing und Weitling würde weitgehend zerstört werden. Ich finde es gut, dass man eine Halle hat, die eine Herausforderung für Künstler darstellt. Und wenn man den Durchgang zur Kunstakademie nicht mehr benutzt, wäre er tot. Man soll sich sehr genau überlegen, ob man das einfach wegnimmt.