Feuilletönchen – die Kulturkolumne Gedanken zum Tag des Wiener Schnitzels

Düsseldorf · Anlässlich des Tages des Wiener Schnitzels am Montag widmet sich unser Kulturredakteur der besonderen Speise.

Am Montag, 9. September, war Tag des Wiener Schnitzels.

Foto: Christian Bruna

Die scheinbar ganz einfachen Dinge sind bisweilen die heikelsten. Das gilt nicht nur bei Künsten, wie etwa bei der Interpretation von fragilen musikalischen Kabinettsstücken aus der Wiener Klassik, es mag auch für kulinarische Kulturgüter gelten. Dass man über Geschmack ja nicht streiten kann oder soll, ist eine genauso ausgelutschte Binse wie die Konsistenz so manchen Convenience-Schnitzels. Und ja, man kann über die tüchtige Interpretation – beispielsweise – einer Haydnschen Klaviersonate mindestens genauso beherzt streiten wie über die richtige Variante des Wiener Schnitzels.

Am Montag, 9. September, war Tag des Wiener Schnitzels und guter Grund auf der Kulturseite, sich mal auch einem kulinarischen Thema zu widmen, vor allem, wenn es sich um ein Thema handelt, an dem nicht selten so viel Herzblut hängt. Erstens gibt es nur ein perfektes Schnitzel auf der Welt; und das mag dasjenige sein, das einem Oma oder Mama als Kind zubereitet hat – aber nostalgischen Spaß beiseite. Das hauchdünne Kalbsschnitzel mit Panade kann viel mehr als ein Spiegel unterschiedlicher Kulturen gelten, als man vielleicht vermuten mag. Und kann auch zu so mancher Verwirrung und so manchem Missverständnis führen.

Essen sollte emphatisch zu unserer Kultur gehören. Leider ist dieser Gedanke manchmal zwischen Tiefkühltheke und Sonderangebot bei jedem – oder vielleicht fast jedem – schonmal auf dem klebrigen Supermarktboden hängen geblieben. Aber ich möchte hier nicht über Supermärkte, verwürzte Papp-Schnitzel oder die große Diskussion um unseren Fleischkonsum sprechen. Hier denke sich ein jeder seinen Teil. Vielmehr geht es mir um ein Phänomen, das mehr mit Omas Schnitzel zu tun hat, als wir denken. Wenn ich in Wien bin, genieße ich die hauchdünnen, mit luftiger Panade in viel Öl kurz ausgebackenen Kalbs-Schnitzel, liebe dazu den köstlichen Erdäpfel-Vogerlsalat – Kartoffelsalat mit Essig und Öl angemacht und mit Feldsalat. Aber selbst in Wien kann es schon zu Diskussionen kommen, wenn es um das wahre Wiener Schnitzel geht. Eines der berühmtesten Schnitzel der Stadt vom Figlmüller, dem im Stadtzentrum versteckten – heute touristisch überlaufenen – Stadtheurigen an der Wollzeile, ist ein Schnitzel Wiener Art aus Schwein. Ein hauchdünnes frittiertes Schnitzel, da mag so mancher Düsseldorfer seine Nase rümpfen. Denn für viele im Rheinland ist das perfekte Schnitzel eben nicht zu dünn. „Man muss doch was zwischen die Zähne kriegen.“ Und zu Omas Schnitzel im Rheinland gehören Bratkartoffeln, oder? Problematisch wird es nur, wenn man das eigene Schnitzel-Credo versucht anderen aufzuzwingen. Etwa wenn pampig an „zu dick“ oder „zu dünn“ herumgenörgelt wird. Es lebe die Schnitzel-Vielfalt!