Oper Geisterritter: Eine Jugendoper oder doch eher ein Musical?

Düsseldorf · James Reynolds Stück nach dem Roman von Cornelia Funke feierte nun auch Premiere in Düsseldorf.

David Fischer als Jon in dem Jugendstück Geisterritter, das nun am Opernhaus Premiere feierte.

Foto: Oper/Birgit Hupfeld

Sie macht schon was her, diese Adaption von Cornelia Funkes Roman Geisterritter für das Musiktheater. Im Grunde handelt es sich bei diesem Produkt aus der Feder des Komponisten James Reynolds nach einem bisweilen bis zur Peinlichkeit banalen Libretto von Christoph Klimke um ein an sich sehr stimmungsvoll gefügtes, nach den Regeln eines Musicals funktionierendes Werk. An dem so mancher Jugendliche gewiss seine große Freude haben dürfte. Aber Obacht: vor allem junge Menschen merken, wenn sie Banalitäten vorgesetzt bekommen, ist auch bisweilen die Begeisterung über den schönen Effekt vorherrschend.

Ja,  ein Musical, woran doch wirklich nichts auszusetzen ist; indes ist die Verpackung dann doch eine andere, diese suggeriert nämlich, dass es sich bei Geisterritter um eine Oper für junge Menschen handele. Doch wenn man Maßstäbe von Oper an die ästhetische Qualität der Musik, des Textes, anlegt, scheitert die Auftragskomposition leider. Lediglich die liebevolle szenische Gestaltung durch Erik Petersen, die aus dem Kosmos des expressionistischen Films schöpfende visuelle Komponente der Bühne (fettFilm) mit tüchtig naturalistischen Kostümen von Kristopher Kempf, rettet – wenn man es so möchte – Geisterritter vor dem Verhängnis der Belanglosigkeit.

Problematisch ist dies alles weniger, wenn man Geisterritter als Musical wahrnimmt. Zu dieser Definition passt eigentlich alles. Auch, dass alle auf der Bühne agierenden Künstler durch kleine Mikrophone verstärkt werden, ganz wie in einem Musical, dass es regelmäßig Klangeinspielungen vom Band gibt, wie in einem Musical und nicht zuletzt musikalisch eine eher auf Effekt getrimmte Oberflächlichkeit vorherrscht. Und ja, es gibt auch sehr gute Musicals.

Das soll hier nicht in ein Musical-bashing ausarten – durchaus hat auch diese Kunstform ihre Berechtigung. Um Missverständnissen vorzubeugen, auch zeitgenössische Oper kann sehr unterhaltsam, leicht und auch populär sein; auch eklektisch, indem sie viele Stile und Strömungen in sich vereint. Hierfür gibt es zahlreiche gute Beispiele. Und doch, will man eine Jugend-Oper machen, dann sind die Ansprüche an die kompositorische und dramaturgische Substanz mindestens genauso essentiell.

Nein, Reynolds ist kein schlechter Komponist. Er weiß Effekte, Assoziationen und Stile durchaus unterhaltsam miteinander zu vermengen. Reagiert mit Gespür auf szenische Momente, sucht bisweilen den humoristischen Bruch. Doch die Sprache, die er für Geisterritter gewählt hat, vor allem in den Singstimmen, die zwangsläufig mit dem Makel des banalen Librettos arbeiten müssen, lässt Simplizität zu, die alles übertüncht.

Rap-Einlagen, die im Kontext von Jugendtheater etwas „gewollt“ wirken, mögen zwar für den einen oder anderen Lacher sorgen, doch sind sie wirklich organischer Bestandteil eines großen Konzepts, was die Kunstform Oper von dem Komponisten verlangt? Und vor allem die unverfälschte Singstimme, die sich auf fast magische Weise mit dem Orchester (Düsseldorfer Symphoniker unter Patrick Francis Chestnut) mischt, unverstärkt, natürlich und ausdrucksvoll, wäre eine tragende Säule eines Opernerlebnisses. Braucht man dies nicht oder will man dies nicht, gibt es doch genügend Alternativen, bei denen dieser Aspekt weniger im Vordergrund steht. Vorwerfen kann man dies der Deutschen Oper am Rhein weniger – immerhin hat man die Produktion im Rahmen von Junge Opern Rhein Ruhr so übernommen.

Natürlich gibt es Ausnahmen, in denen in einer Oper durchaus mit der Verstärkung von Gesang gearbeitet werden kann, doch dies nur, wenn dies ästhetisch begründet ist, als ein Stilmittel und nicht lediglich als „Hilfsmittel“ für Sänger und Chor, wie in diesem Fall. Gelingt es einem Komponisten nicht, seine Musik so zu schreiben, dass Sänger vom Klang getragen werden, dass sich alles zu einem akustischen Gesamterlebnis mischt, muss man zumindest ein Fragezeichen setzen.

Die Geschichte an sich ist durchaus charmant. Ein Junge, Jon, gesungen von David Fischer, kommt in ein Internat und wird plötzlich mit Spuk konfrontiert. Ein böser Geist (Lord Stourton, Bernhard Landauer) und seine Gefolgschaft trachten nach seinem Leben. Um schließlich doch zu siegen, erhält er nicht nur Unterstützung von einem Mädchen (Ella, Monika Rydz), sondern auch von einem verstorbenen Ritter, der zum Leben erweckt wird (William Longspee, Luke Stoker). Am Ende – nach bildgewaltigen Abenteuern mit zahlreichen weiteren, leider eher stereotypen Figuren – gibt es natürlich ein Happy End. Unterhaltsam ist das schon.

 Weitere Infos unter: