Günther Uecker: Liebesbriefe mit Axt und Beil
Ein Film in der Galerie Geuer&Breckner zeigt, wie der Nagelkünstler das Papier eigenwillig bearbeitet.
Düsseldorf. Günther Uecker hat als Nagelkünstler Kunstgeschichte geschrieben. Er pflegt noch heute mit 79 Jahren den Hammer oder die Axt auf die Nägel oder aufs Holz zu schlagen oder mit der Spitze des Beils auf die Metallplatten zu zeichnen. Seit mehr als 35 Jahren vervielfältigt er zugleich die arbeitsaufwändigen Objekte, indem er feuchtes Büttenpapier auf die Nägel legt und die Strukturen druckt. Wie dies geschieht, zeigt ein interessanter Film der Galerie Geuer & Breckner, die die im Film produzierten Arbeiten auch verkaufen will.
Ueckers eigenwillige Beziehung zum Papier reicht bis in seine Kindheit an der Ostsee zurück. Er schrieb in der Schule Liebesbriefe, schickte sie aber nicht ab, sondern trug sie zerknüllt in der Tasche herum. "Ich habe mich geschämt, dieses Gefühl, das man da notierte, einem Partner preiszugeben. Das waren Vorgänge der inneren Mitteilung." Geblieben ist das Zerknüllen, Zerreißen, Zerstören, Falten, Knittern, Bekleben und Färben. Uecker schwärmt davon, wie sich Papier bearbeiten, formen und verformen lässt.
Seit 1972 arbeitet er mit dem Schweizer Erker Verlag zusammen. Dort entstehen die Holzschnitte mit jenen scharfen Kanten und gleichmäßig schwarzen Farben, die Uecker so liebt. Immer wieder kehrt er auch heute noch zu Urban Stoob vom Erker Verlag zurück, der längst zum Dialogpartner geworden ist.
In der Schweiz, genauer im Appenzeller Land, wird auch das kostbare, handgeschöpfte Büttenpapier für die Prägedrucke hergestellt. Uecker gibt die Nagel-Objekte mit den rhythmisch bewegten Stahlstiften oder den Nagelköpfen vor. Auf diese eisernen Reliefs wird das frisch aus dem Bottich geschöpfte Papier gelegt und anschließend gedruckt, so dass sich die Papiermasse reliefartig wölbt.
Uecker ist der Experimentator geblieben. Wenn er nicht mit der Axt hantiert, benutzt er Holzschnitt-Reste und krumme Nägel, taucht sie in Druckerschwärze und entwickelt daraus seine Litho-Folgen. Aber auch die Rinde eines Baumes taugt für die schwarzen Kohlezeichnungen, indem Uecker wie ein Besessener die borkige Struktur auf dem Papier in rhythmischen Bewegungen abreibt.
Der Film von Michael Kluth erinnert auch an die wunderbaren Aquarelle, die Uecker auf seinen unzähligen Reisen zwischen Arizona, Brasilien oder Mexiko erzeugt hat, mit den Fingern oder dem Pinsel. Hier kommt Alexander Tolney vom Neuen Berlinischen Kunstverein zu Wort, der vor vier Jahren eine Retrospektive der Aquarelle gezeigt hat und den ungewöhnlichen Einklang dieser Blätter mit der Natur lobt.