Heine hat jetzt eine First Lady
Der Dichter ist aufregend und kulturelle Erinnerung nicht staubig – die neue Instituts-Chefin ist eine moderne Archivarin.
Düsseldorf. Sie trägt Pumps, keine Schuhe, und wenn ihr jemand mit der Stellvertreterin Heinrich Heines auf Erden kommt, lächelt Sabine Brenner-Wilczek und kontert: "Nein, ich bin Heines First Lady." Die neue Leiterin des Heine-Instituts hat Humor, eine exzellenten wissenschaftliche Ausbildung und genug Selbstbewusstsein, um die Position ihres hochgeschätzten Vorgängers Joseph Anton Kruse souverän zu bekleiden. Er galt nach 34 Jahren Dienstzeit als "Stellvertreter Heines auf Erden".
Am 1. Dezember tritt die 33-Jährige ihr neues Amt an und bewegt sich auf vertrautem Boden, umgeben von vertrauten Menschen. Sieben Jahre, von 1999 bis 2006 hat sie im Rheinischen Literatur- und Kulturarchiv des Instituts gearbeitet, unter anderem für ihre Doktorarbeit.
"Ich bin die neue Alte und die alte Neue", sagt sie und gibt damit auch gleich eine Idee davon, wie sie ihre zukünftige Arbeit versteht. "Das Institut hat einen tollen Ruf und leistet eine fantastische Arbeit gerade bei den Ankäufen." Dieser Kontinuität fühle sie sich verpflichtet. Sie stehe jedoch auch für Wandel. "Nur bewahren ist nicht alles", sagt sie.
Brenner-Wilczeks Auffassung von Archivarbeit ist im Hier und Jetzt verhaftet. Mit Kollegen entwickelt sie im Verein deutscher Archivare die moderne Variante von historischer Bildungsarbeit ständig weiter. "Bei Schlossführungen sage ich unseren Besuchern immer: Ich habe keine Ärmelschoner und auch keine Spinnweben in meinen Haaren."
Vor zwei Jahren hat Brenner-Wilczek die Leitung von Schloss Burgfarrnbach in Fürth/Nürnberg mit Archiv, Bibliothek und städtischer Sammlung übernommen. Dort hat sie die Attraktivität kultureller Erinnerung herausgearbeitet und mit Hilfe neuer Medien für Kinder und Jugendliche fassbar gemacht.
Geocaching im Schlosspark gehört ebenso dazu wie das Bloggen über den Adel. Die multimediale Erlebnisreise in die Vergangenheit könnte Vorbild für die Arbeit im Heine-Institut sein, das auf diesem Gebiet noch zurückhaltend agiert.
"Ich möchte auch außerhalb des Instituts zeigen, was wir haben und was wir können." Die jüngste Aktion "Box it", bei der Jugendliche auf der Straße und in Schulen Heines-Gedichte gelesen und selbst welche geschrieben haben, hält Brenner-Wilczeks für eine gelungene Begegnung zwischen der jungen Generation und dem Klassiker Heine.
"Heine ist nie langweilig, seine Literatur ist von intellektueller Schärfe, und auch als Typ ist er aufregend", wirbt sie für die Gallionsfigur ihrer Einrichtung. Sie fasziniert das Unerwartete, das Heine stets geistreich in seine Werke hineinkomponiert. "Die Lektüre beginnt mit Rheinromantik und endet mit schwarzem Humor", sagt sie über das Loreley-Gedicht.
Die Doppeldeutigkeit im Schaffen und die Zerrissenheit des Menschen ist der ewige Reiz Heines, den Brenner-Wilczek auch in Zukunft herausarbeiten möchte. Eine Gelegenheit bietet sich schon bald. "Vielleicht können wir im Rahmen der jüdischen Kulturtage 2011 Heine ins Spiel bringen."