Im Galopp von Atomkraft zur Abwrackprämie

Frank Küster hielt seine kabarettistische Monatsaudienz diesmal im Kom(m)ödchen ab.

Düsseldorf. Die Monate vor der Wahl gehören zu den großen Herausforderungen eines Kabarettisten, der sich an einen Monatsrückblick wagt. Der derzeitige Berliner Gesetzesturbo liefert soviel Material, dass Frank Küster für seine Durchsicht gleich ins Kom(m)ödchen umgezogen ist, vielleicht ist dort ja der Schredder größer. Ob Hausarztmodell, Rentensteigerung, EU-Verordnung oder Grundsicherung, die kalauernde Durchsicht des Aktenstapels kannte kein Pardon.

Vertiefter kabarettistischer Sorge erfreuten sich das Atomkraftwerk Krümmel. Eigentlich müsste uns die Nachhaltigkeit des Oldies ja erfreuen, doch Frank Küster stellte die berechtigte Frage, wer zu Hause eigentlich noch ein 33 Jahre altes Netzteil besitzt.

Ein Lieblingsthema von Kabarettisten ist und bleibt die Abwrackprämie. Frank Küster ist allerdings voll des Lobes: Die Prämie wird viel genutzt, ist aber zu 80 Prozent noch gar nicht ausgezahlt. Politstrategisch eine Meisterleistung. Und dass wir 2010 einen "völlig unerwarteten" Einbruch der PKW-Absatzzahlen erleben, ist für ihn schon ausgemacht.

Angereichert mit etwas dünnen Songs (Klavier: Andreas Hirschmann, Drums: Marcel Mader) ging es so im Galopp vom Alltagsmysterium des Benzinpreises (Stichwort: Aldi-Benzin) über Pferdedoping bis zu Müntes neuer Freundin (deren Alter den Prozentzahlen der SPD entspricht) und Berlusconi ("Wer sich Schamhaar auf den Kopf verpflanzen lässt, hat natürlich nur noch Sex im Kopp").

Wie immer hatte sich Frank Küster zu seinem Monatsrückblick Gäste eingeladen. Der Kehlkopfakrobat Marcel Wagner singt mit sich selbst im Chor, indem er rhythmische und melodische Figuren durch einen Loop schickt, wo sie sich endlos wiederholen und zu kleinen "Schizophonien" schichten. Witzig vorgeführt an den Instantbauteilen des deutschen Schlagers.

Nach der Pause war es dann Zeit für den Stargast, und der hieß diesmal Tina Teubner, die zusammen mit ihrem Pianisten Ben Süverkrüp die seltene Kunst des Kabarett-Chansons pflegt. Ihr Lieblingsthema ist dabei die Paarbeziehung; das ist alle andere als neu, doch wie sie das "Prinzip Mann" seziert, ist zum Brüllen komisch.

Um ihren streitunlustigen Ehegatten zu provozieren, stellt sie (O-Ton Teubner) die negative Dialektik der Frankfurter Schule vom Kopf auf die Füße: Sie babbelt hessisch und nimmt ihren Mann kulinarisch unter Wurstsalatbeschuss. Oder sie macht ihm die Merkel - und liefert eine der besten Imitationen seit langem.

Doch was wäre Tina Teubner ohne ihre leisen Chansons, die zwischen Sarkasmus und Melancholie, Fischbrötchen und Schubert changieren? Kleine, zartbissig hingeschnauzte Alltagsbeobachtungen, in denen sich das Große ständig im Kleinen spiegelt. Anbiederung ist dabei Tina Teubners Sache nicht. "Düsseldorfer Grüppchengekicher" verbat sie sich genauso wie verfrühten Applaus ("Wir machen fertig"). Der prasselte dann später allerdings umso reichlicher.