Kabarett: „Die Neue“ ist sehr vielseitig

Melanie Haupts Premiere im Kom(m)ödchen-Ensemble.

Düsseldorf. Es passierte an einer der philosophischsten Stellen des Abends. Christian Ehring alias WG-Mitglied Christian beschwor emphatisch Spenglers "Untergang des Abendlandes"; er ließ die Maya als Beispiel einer verschwundenen Kultur aufmarschieren, bis Heiko Seidel als Claus plötzlich im Diskant flötete: "Und deshalb ist von ihnen nur die Biene übrig geblieben." Ein Scherz, der so nicht im Textbuch steht und zu einer Implosion führte.

"Couch. Ein Heimatabend", seit drei Jahren erfolgreich auf dem Spielplan des Kom(m)ödchens, geriet in einen improvisierten Kalauergalopp. Heiko Seidel legte mit fiepsender Diabolik nach, das Publikum brüllte vor Lachen, und Christian Ehring suchte "verzweifelt" den Rückweg zum kabarettistischen Faden der WG-Katastrophen-Geschichte: "Ich schau gar nicht mehr hin." Kabarett ohne Improvisation, das ist eigentlich undenkbar.

Premiere ist also immer, doch diesmal galt dies im Kom(m)ödchen umso mehr, als Melanie Haupt ihr Debüt in den Frauenrollen von "Couch" gab. Sie übernimmt ab sofort den Part von Maike Kühl, die in die Babypause gegangen ist.

Während der Begrüßungszettel im Foyer eine schlanke Frau mit Kurzhaar und strengem Blick zeigt, kommt Melanie Haupts Barkeeperin Jana auf der Bühne als unwiderstehliche Mischung aus Girl und Göre daher.

"Ick glob, ick geh besser", berlinert sie trocken und schlägt den Witz aus der lebensuntauglichen Weltfremdheit, mit der sie Christian Ehring (hier als ihr Ex-Freund) in den Zwiespalt aus Beschützerinstinkt und Chaos-Phobie treibt.

Doch Melanie Haupt kann auch anders. Wenn sie in der Rolle der allein erziehenden Isabelle für einen Quickie WG-Bewohner Christian ihren Allerkleinsten aufschwatzt, zieht sie alle Register verführerischer Laszivität. Nur um dann in der Rolle der Manu wiederum das (noch etwas artifizielle) Konzentrat des Biedersinns hervorzukehren.

Dass Melanie Haupt eine wandlungsfähige Schauspielerin ist, weiß man in Düsseldorf schon länger. Nach ihrem Studium an der Essener Folkwang-Hochschule war sie am Landestheater Neuss engagiert; dann stürzte sie sich ins Ungewisse und gastierte allein in vier Produktionen am hiesigen Schauspielhaus, darunter auch in Juri Andruchowytschs "Orpheus, illegal".

Doch was wäre Melanie Haupt ohne Musik? Neben Schauspiel hat sie Gesang studiert und sich von Hildegard Knef-Chansons über Jacques Offenbach bis zu Musicals wie "Hello Dolly" eine große Bandbreite erarbeitet. Und das zeigt sie auch in den "Couch"-Songs, die sie mit ausdrucksstarker Stimme interpretiert.

Dass mit "der Neuen" auch die Partner Christian Ehring und Heiko Seidel einen Adrenalin-Schub bekamen, merkte man deutlich. Insofern war es mehr als eine 33,3%-Premiere, und der Erfolg des Kom(m)ödchen-Dauerbrenners wird sich ohne Zweifel fortsetzen.