Klarinetten-Königin serviert herrliche Hits
Sabine Meyer ist eine der besten Klarinettistinnen der Welt. Jetzt spielte sie in Düsseldorf — und begeisterte das Publikum.
Düsseldorf. Seit drei Jahrzehnten steht Sabine Meyer unangefochten an der Spitze der Klarinettisten. Mehr noch: Sie verhilft dem Holzblasinstrument zu zuvor ungekannter Popularität. Sabine Meyer ist gewissermaßen die Königin der Klarinette.
In der Tonhalle erschien die hellblonde Musikerin am Freitagabend nun in einem Kleid von rätselhaftem Rot, ein Farbton zwischen Bordeaux, Beeren und Terrakotta. Das schlank geschnittene Habit unterstrich Meyers Spiel zwischen Sinnlichkeit und Strenge. Zu Gehör kamen das frühe Concertino sowie das 1. Klarinettenkonzert Carl Maria von Webers, zwei herrliche Hits der Frühromantik und Kernrepertoire aller Klarinettisten.
Sabine Meyer spielt die Weber-Konzerte seit zig Jahren, hat schon zu Beginn ihrer Weltkarriere eine Referenzeinspielung bei EMI Classics vorgelegt — bis heute eine der brillantesten und klangschönsten Aufnahmen Weberscher Klarinettenkonzerte.
Nun gastierte sie mit dem renommierten ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Leitung des 32-jährigen Dirigenten Cornelius Meister.
Wie oft Meyer diese Stücke aufgeführt hat, lässt sich kaum zählen. Aber bis heute spielt sie diese Musik so frisch und lebendig als habe sie gerade erst an ihr Feuer gefangen. Die schnellen Ecksätze bewältigt sie souverän mit ihrer tadellosen Technik.
Aber noch stärker nimmt die Gestaltung langsamer Sätze gefangen. Das zarte Piano erzeugt eine Atmosphäre von stiller, unberührter Natur. Da erscheinen waldgrüne Landschaften vor dem geistigen Auge, aus der Ferne romantisches Fachwerk, eine einsame Mühle am Bach.
Das Wiener Orchester begleitet kraftvoll, aber diskret. Man breitet der Solistin gewissermaßen einen Samtteppich aus. Dabei erweist sich Cornelius Meister als zuverlässiger Koordinator. Für den starken Beifall bedankte sich Sabine Meyer mit einem frechen virtuosen Solostück Igor Strawinskys.
Der junge Dirigent macht unterdessen einen sympathischen Eindruck, der geradezu freundschaftlich mit dem Orchester zusammenarbeitet. Und so geht eine gute Stimmung von den Wienern aus. Doch trotz solider Zeichengebung ist Cornelius Meister eines nicht: ein Pultmagier. Ob der furiose „Don Juan“ von Richard Strauss oder Béla Bartóks facettenreiches Konzert für Orchester — die Darbietung besitzt wenig Klangraffinesse und Geheimnis.
Das Orchester musiziert gradlinig, hat feine Streicher und noble Bläser, bleibt gestalterisch aber neutral bis zur Nüchternheit. So fehlte am Ende denn doch etwas die Spannung. Jedoch macht Bartóks an Melodien, Rhythmen und Orchesterfarben reiche Partitur freilich immer sehr viel her. Und da die Aufführung technisch einwandfrei über die Bühne ging, gab es viel Beifall im gut besuchten Saal.