Kleines Schauspielhaus: Komödie „Bunbury“ - Im Ernstfall zählt nur der Wortwitz
Im Kleinen Haus hat Regisseur Zervoulakos die Komödie „Bunbury“ von Oscar Wilde als recht flache Schaumschlägerei in Szene gesetzt.
Düsseldorf. Die Geschichte ist so dünn, dass sie auf der Bühne ruhig in den Hintergrund treten darf. Zwei Männer, die sich jeweils einen Bruder erschaffen haben, um sich wahlweise in der Stadt oder auf dem Land unbehelligt verlustieren zu können. Eine kleine Flucht aus der feinen Gesellschaft, in der alles einen ebenso festen Platz hat wie das Gurken-Sandwich zum Tee.
„Bunbury“ nennt Oscar Wilde diese zweite Identität zu Amüsier-Zwecken und beweist in seiner kleinen Komödie großartigen Wortwitz. Wie edle Perlen blitzen seine Bonmots auf und reihen sich glänzend aneinander. „Im Ernstfall zählt nur Eleganz und nicht Ehrlichkeit.“ Wilde überdreht das Geschehen sprachlich mit solcher Ernsthaftigkeit, dass das erdrückende Konventions-Korsett elegant in den Vordergrund tritt.
Im Ernstfall zählt also Wildes Wort, und dem räumt Regisseur Sarantos Zervoulakos in seiner Inszenierung im Kleinen Haus viel zu wenig Platz ein. Er setzt auf Show, lässt den Dandy Algernon in Unterhosen und Pelz auftreten und sich mit grell geschminkten Tänzerinnen verrenken. Wie nach einem Foto-Shooting räkelt er sich auf der schwarzen Designer-Couch, die Schweinwerfer sind noch auf ihn gerichtet, die Champagner-Flaschen leer.
Ingo Tomi verkörpert diesen Hallodri, der durch seine Verwandtschaft dennoch einen festen Platz im System hat, zwar herrlich überdreht. Im verbalen Schlagabtausch mit seinem Freund John Worthing (Christoph Schechinger) landen die beiden aber wenige Treffer. Die Chance zur ernsthaften Komödie wird verspielt.
Immer wieder blitzen Möglichkeiten auf, wenn etwa Stefanie Rösner als Gwendolen ihre naive Natürlichkeit betont, den Heiratsantrag samt selbst vorgebrachtem Verlobungsring ebenso exakt dirigiert wie die erhobene Augenbraue. Dass bei ihr innere Vibrationen entstehen, wenn sie ihren Verlobten mit seinem angeblichen Namen Ernst anspricht, gehört zu den besten Szenen.
Die Dynamik der verbalen Verstrickungen erleidet mächtig Schiffbruch, als plötzlich ein Barpianist in die Tasten greift und den Chanson „Alles von mir“ zum Besten gibt. Er singt von der Dame, die auf dem sinkenden Schiff sich für den letzten Moment ganz hingibt. Das ist gekonnt vorgetragen und doch dient es eigentlich nur dazu, einen aufwendigen Umbau zu überbrücken.
Denn für den letzten Teil der Komödie geht’s ins Wasser. In einem Pool verkommt das Sich-Finden, Wieder-Verlieren und schließlich doch Zueinander-Kommen der beiden Paare zu einer ziemlichen Schaumschlägerei. Und da man sich in einem Wasserbecken wirklich nicht besonders elegant bewegen kann, vergeht einem bald die Lust an der vorgeführten Plantscherei.
Zugegeben beherrscht Tina Engel als Lady Bracknell die Tonlage, in der sie innerhalb eines Satzes Moral und Anstand für eine gute Partie über Bord werfen kann. Ihren Worten verleiht sie mit gezückter Hutnadel unmissverstehlichen Nachdruck. Ein Abend also mit gut spielenden Darstellern, dem aber die Regie den passenden Rahmen für die feine Vorlage vorenthält. Dass er dennoch bei vielen einen Nerv getroffen hat, zeigte sich im begeisterten Premieren-Applaus zum Schluss.