Konzert Konstantin Weckers Musik in neuem Gewand
Düsseldorf · Mit „Weltenbrand“ präsentierte der politische Liedermacher seine Musik gemeinsam mit einem Salonorchester.
Konstantin Wecker muss man nicht vorstellen. Wohl fast jeder hat je nach Interessenschwerpunkt, Weltsicht oder Musikgeschmack ein mehr oder minder konturiertes Bild von dem Liedermacher, Komponisten, Schauspieler, Autor und vor allem und immer wieder auch politischen Aktivisten. Viele schätzen ihn für seine politischen Texte, sein Engagement, manche vielleicht für seine eingängigen Melodien, die oft viel kunstvollere DNA in sich tragen, als man vielleicht vermuten mag, wiederum andere erinnern sich vielleicht mit großer Begeisterung an seine Filmmusiken, etwa für Kir Royal oder auch Schtonk!. Da gibt es die unzähligen Musicals, die Auftritte mit seinen Liedern, seine Bücher und schließlich auch seine immer wieder aufkeimende Freude an der Schauspielerei.
Aufrechtes und Wahrhaftiges findet sich im Schaffen Weckers; doch angesichts dessen, was er nicht schon alles gemacht hat, auch so manches, was vielleicht nur am Rande ins Bild passt. Aber, Wecker ist ganz bei sich, wenn er mit großer sprachlicher Geste und bisweilen genial gestrickten Melodien gegen Hass, Nationalismus und Unfreiheit kämpft, dabei auch mal ein bisschen über das Ziel hinausschießt oder auch mal Dinge ein bisschen einfacher zeichnet, als sie in Wirklichkeit sind; aber seine internationalistischen Utopien bedürfen eben einer frei sich entfaltenden Begeisterung für mit viel Liebe gepflegte Ideologie, wenngleich just Wecker Ideologie an sich mit Vorliebe kritisiert.
Nun ist Wecker gemeinsam mit dem Kammerochester der Bayerischen Philharmonie – eher eine Art Salonorchester – unter der Leitung von Mark Mast mit süffig klangbunten Arrangements von Jo Barnikel seines Œuvres auf Tournee. Zu „Weltenbrand“, so der Name seines Projekts, gibt es seit Oktober auch ein Album. Es bringt vieles – von „Ballade vom Puff das Freiheit heißt“ bis „An die Nachgeborenen“ (Bertholt Brecht), von einem Schlaflied und „An meine Kinder“ bis „Hexeneinmaleins“ – aus seinem Schaffen in neuem Gewand zusammen.
Mit dem sympathisch international besetzten Ensemble gastierte Wecker nun auch in der Tonhalle und begeisterte seine Fans, mit alledem, was zu einem Wecker-Abend gehört.
Markante, von liebevoll hintersinnig bis kraftvoll agitierend vorgetragene politische Statements, umrahmt von Liedern, die ihre Aura aus so vielen Einflüssen saugen, wie die Lebensgeschichte von Wecker selbst, ein bisschen Sentimentalität gepaart mit großer Geste, viel Musikalität und viel Herz.
Die Lieder funktionieren in den Arrangements durchaus gut, doch die neuen hübschen Kleider, die man dem puren Kern anzieht, verleihen dem ganzen doch schon eine charmante Ambivalenz. Wecker, der doch so sehr gegen Konsumwut und Kommerz wettert, lässt seine Musik in eine Hülle packen, die sich selbst Mitteln bedient, die eigentlich paradigmatisch für kommerzielle Unterhaltungsmusik sind. Viel Klangzauber, treibende Rhythmen, an Filmmusik erinnernde Effekte aus der Orchestrierungsschublade; alles mit viel Technik abgemischt und wenn es Not zu tun scheint, mit sättigenden Synthie-Sounds unterfüttert. Und doch – das macht wohl die große Faszination von Wecker aus – wirkt dies alles authentisch und keinesfalls fehl am Platze.
So wie der wortlose Melodiker, der Schöpfer unvergesslicher Themen so vieles in sich musikalisch vereint und selbst ausgiebige Anleihen aus der Musikgeschichte so zusammenfügt, dass es authentisch nach Wecker klingt, so gelingt es ihm auch bei seinen Auftritten, jede Idee und jeden Gedankengang, den er zitiert oder sich zu eigen macht, so wirken zu lassen, als Falle ihm das eben Gesagte gerade spontan zu. Ob nun am Klavier sitzend mit fordernd lächelndem Blick ins Publikum oder auch beim Durchschreiten der Reihen, sein Charisma macht wohl einen Großteil seiner Wirkungskraft aus.