Porträt der Kostümbildnerin Katharina Schlipf Die Kirsche auf dem Nussknacker
Düsseldorf · Mit Choreograf Demis Volpi verbindet die Bühnen- und Kostümbildnerin Katharina Schlipf eine lange vertrauensvolle Zusammenarbeit. Beim „Nussknacker“ leben sie ihre Liebe zum Handlungsballett aus.
Ein guter Teil des rauschenden Beifalls für das Ballett „Der Nussknacker“ gilt jedes Mal der Ausstattung – der Bühne mit den vielen liebevollen Details, den originellen Kostümen. Für beides war Katharina Schlipf zuständig. Mit dem Choreografen Demis Volpi hat sie den Tschaikowski-Klassiker 2016 für das Ballet Vlaanderen in Antwerpen entwickelt und für Düsseldorf leicht modifiziert. Den heutigen Chef des Balletts am Rhein und die Stuttgarter Bühnen- und Kostümbildnerin verbindet eine über zehnjährige Zusammenarbeit. Auch Volpis Ballett „Geschlossene Spiele“ stattete Schlipf 2021 komplett aus.
Das lässt auf großes Vertrauen und Zuneigung schließen. „Ja, wir mögen uns“, bestätigt sie, „wir ticken ähnlich, können lebhaft miteinander diskutieren.“ Sie lacht: „Ich kann, glaube ich, auch gut dagegenhalten. Und wenn wir uns reiben, ist das immer produktiv und fußt auf gegenseitigem Vertrauen.“ Der Ursprung dieser Künstlerfreundschaft liegt in Stuttgart, wo Volpi zuvor Hauschoreograf war. „Wir haben gleichzeitig an der Staatsoper angefangen und hatten das Glück, dort sehr gefördert zu werden“, erzählt Schlipf. Ihr erstes gemeinsames Werk war 2010 das Ballett „Karneval der Tiere“ für die John Cranko Schule in Stuttgart: „Man erkannte offensichtlich unser Potenzial. Wir bekamen tolle Chancen, haben aber auch wahnsinnig viel gearbeitet und uns gegenseitig immer ermutigt.“
Und das Beste daraus gemacht. Von Volpi habe sie gelernt, wie man Dinge in Bewegung setzt und wie sich im Tanz über Bilder eine eigene Sprache finden lässt. Diese Ebene war neu für sie. Im Studium ging es vorwiegend um Schauspiel und Oper, das Ballett kam kaum vor. Es machte ihr von Beginn an Freude, Stücke mit Volpi zu entwickeln und in Ausstattungen zu schwelgen, von minimalistisch bis opulent. „Wir haben beide große Lust an Handlungsballetten“, sagt sie.
Dafür ist „Der Nussknacker“ in seiner ganzen Pracht ein schönes Beispiel. Kaum blitzt eine neue Szene auf, geht angesichts der Tänzer ein Raunen durchs Publikum. So viele zauberhafte Kostümideen! Glanzstücke von Schlipf sind die Schneeflocken, die Blumen, die Lichterkette. Und vor allem die allerliebsten Cupcakes in Pastellfarben, obendrauf ein Sahneklecks und eine Kirsche. Gekrönt wird deren Auftritt durch den gemeinsamen Tanz mit einer ausladenden Torte. Ein derart üppigeres Kostüm sah man beim Ballett am Rhein noch nie. Freilich hatte es seine Tücken und erforderte viel Vorarbeit. „Wir brauchten dafür eine Unterkonstruktion, die aber auf einen Lastwagen passen musste“, berichtet Schlipf. „Lange feilten wir daran, wie die Torte sich bewegt. Der Rock ist sehr schwer, auf die Tänzerin wirken starke Kräfte ein, sie muss regelrecht gegensteuern.“ Wie hartnäckig ist sie, wenn sich ein erwünschtes gestalterisches Element als knifflig erweist? „Sehr hartnäckig“, gibt Schlipf zu. „Demis Volpi hat den Mut und auch die nötige Geduld, etwas auszuprobieren, obwohl es ihm zunächst unmöglich erscheint. Am Ende sind wir beide glücklich, wenn es klappt“, sagt sie.
Schlipf ist auf vielen Bühnen zu Hause. Gerade bereitet sie die überarbeitete „Zauberflöte“ in Salzburg vor und setzt in Stuttgart eine Ausstellung über die 1920er-Jahre in Szene. Ihrer schwäbischen Heimat blieb sie treu. Geboren in Rottweil, spielte sie schon als Kind Theater, entdeckte über eine mit ihren Eltern befreundete Kostümbildnerin ihre Liebe zur Ausstattung. „Mich hat die Theaterwelt total gepackt“, sagt sie: „Es war schnell klar, in welche Richtung es gehen würde.“ Bei Professor Martin Zehetgruber und Werner Pick an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart studierte sie Bühnen- und Kostümbild. Ihren Abschluss machte sie in Ludwigsburg.
Und dann ging es auch sofort los mit der Karriere. „Mein Traumberuf“, sagt Schlipf: „Hier fließt alles zusammen, was mich interessiert, Literatur, Geschichte, bildende Kunst.“ Mit Demis Volpi verbindet sie ebenfalls das Bedürfnis, in die Tiefe zu gehen und einem bekannten Werk wie dem „Nussknacker“ neue Seiten abzugewinnen: „An der Erzählung von E. T. A. Hoffmann interessierte uns vor allem die Psychologie innerhalb der Familie, die wir in den Tanz verlagern wollten. Der Ballettabend sollte für Erwachsene und Kinder gleichermaßen spannend sein.“