Kunst-Performance: Der Worringer Platz schimpft zurück
Künstler, Anwohner und Liebhaber des Platzes am Bahnhof verteidigen ihn gegen seine Kritiker.
Düsseldorf. Man muss sich nicht alles bieten lassen — auch als Verkehrsknotenpunkt in Hauptbahnhofsnähe nicht. Fehlplanung, Schandfleck, Schmuddelplatz? Jetzt reicht’s. Deshalb hieß es am Mittwochabend: „Der Worringer Platz schimpft zurück“ — Anwohner und Liebhaber tun es ihm gleich. Dazu war eigens die selbst ernannte Schimpfwort-Expertin Ingke Günther gekommen. Sie hat in den vergangenen zehn Jahren rund 1800 Schimpfwörter gesammelt — schlüpfrig oder obszön wurde es jedoch mitnichten.
Man musste ganz genau hinhören, als Andrea Knobloch das Procedere erklärte — der Verkehrslärm macht für die Kunst keine Pause. Auch nicht für die Künstler, die am Mittwoch zur Performance an den Worringer Platz riefen. Autos brummen, Straßenbahnen rattern, Menschen schnattern.
Jeder, der gekommen war, sollte sich sieben kleine Papierstreifen aus einer Glaskugel nehmen, jedes mit einem Schimpfwort aus Günthers Fundus bestückt. Dann galt es, Sprachgefühl und Leidenschaft zu zeigen. Denn später sollten diese Schimpfwörter in ein Mikrofon gesprochen und so alle Kritiker des Worringer Platzes in ihre Schranken gewiesen werden. „Es handelt sich schließlich um einen ganz normalen Platz in Bahnhofsnähe“, sagt Künstlerin Andrea Knobloch. Etwas schmuddelig? Schon. Aber eben auch liebenswert. „Der Platz hat die Nase voll.“
Ähnlich empfindet Gisela Pöpping. „Hier ist es hochinteressant, es herrscht richtiggehend Kiez-Atmosphäre.“ Dabei war sie früher froh, wenn sie diese Verkehrsachse hinter sich gelassen hatte. „Langsam fange ich auch an, die Restaurants hier zu besuchen. Ich wohne zwar in Oberkassel, finde es hier aber viel schöner.“
Deshalb erhebt sie ihre Stimme für diesen sprachlosen und doch so turbulenten Platz. Das ist gar nicht leicht. Denn Wörter wie „Brüllaffe“, „Wirrkopf“ und „Kaffeesatzleser“ sollten nicht unbedacht ausgesprochen werden. Welches kommt nach vorn? Welches wird wie betont? Pöpping diskutiert heftig mit dem Performance-Künstler Sir Ladybug Beetle, der ihr beratend zur Seite steht. „Man muss einen gewissen Sound haben“, sagt Pöpping.
Die gesammelten Schimpftiraden, die am Mittwoch im Namen des Worringer Platzes ausgesprochen wurden, gab es direkt zu hören — wenige Meter weiter aus einem Blumenkasten. Langsam legten sich die Aufnahmen übereinander, so dass letztlich eine große Klangwolke entstand. Nachzuhören ist sie innerhalb der nächsten Tage im Internet: www.gasthofworringerplatz.de