Lavinia Schardt: „Die Kultur vor der Haustür zählt“

Lavinia Schardt ist neue Leiterin des Naturkundemuseums. Sie setzt auf regionale Aspekte, nicht auf ein trendiges Science Center.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Zweieinhalb Jahre lang war die Leitung des Naturkundemuseums vakant. Der damalige Leiter, Hubert Heuwinkel, war am 15. August 2011 in den vorgezogenen Ruhestand getreten. Allerdings hatte er sich bereiterklärt, die Geschäfte ehrenamtlich weiterzuführen, bis eine neue Leitung gefunden wurde. Dies ist nun geschehen. Am 1. Februar hat die 32 Jahre alte Biologin Lavinia Schardt offiziell ihren Dienst als Kustodin des Naturkundemuseums aufgenommen.

Foto: A. Everts

Frau Schardt, Sie sind nun drei Wochen im Amt. Wie ist Ihr erster Eindruck von der neuen Wirkungsstätte?

Lavinia Schardt: Ausgesprochen positiv. Die Bestände sind traumhaft. Außerdem war das Naturkundemuseum keine unbekannte Einrichtung für mich. Während meines Studiums hat mich eine Exkursion nach Benrath geführt, weil die Pflanzenpräparation hier als beispielhaft galt. (lacht)

Und was beeindruckt Sie am meisten?

Schardt: Die beeindruckende Vogelsammlung in Form von 450 Schaukästen des Arztes und Vogelkundlers Peter Frey sowie große Bandbreite der Pallenberg-Figuren. Ich freue mich darauf, mit beiden Sammlungen arbeiten zu können. Wobei Pallenberg im Augenblick oberste Priorität hat. Mein Vorgänger hat in seiner ehrenamtlichen Zeit schon in den Sonderausstellungsräumen eine kleine Ausstellung eingerichtet, diese soll bis Anfang 2015 nun in Richtung der ehemaligen Museumspädagogik erweitert werden.

Was macht Pallenbergs Bedeutung aus, dass er im Naturkundemuseum eigene Räume bekommt?

Schardt: Pallenberg war einerseits eine bekannte Düsseldorfer Persönlichkeit, der in Lohausen einen kleinen Privatzoo hielt, um Tiere möglichst lebensnah modellieren zu können. Außerdem war er ein sehr vielseitiger Künstler. Von ihm existieren nicht nur Hunderte von Plastiken, im Aquazoo wird zudem sein restlicher Nachlass wie Skizzenbücher aufbewahrt. Ich arbeite mich da gerade rein. Parallel dazu arbeitet ein Doktorand das Leben von Pallenberg auf. Das wird eine spannende Zeit.

Und was ist mit der restlichen Ausstellung? Es hieß immer, die Schau sei veraltet und müsse modernisiert werden.

Schardt: Natürlich merkt man den Vitrinen an, dass sie in die Jahre gekommen sind. Doch von den Trends zum „Sience-Center“, einer technisch-wissenschaftlichen Ausrichtung von Ausstellungen, halte ich nicht viel. Die sind meist beliebig. Wichtig ist der regionale Aspekt, um Natur und Kultur direkt vor der Haustür erleben zu können. Und da bietet Benrath optimale Voraussetzungen, um schöne Dinge zu tun.

Inwiefern?

Schardt: Das Naturkundemuseum war schon bei seiner Gründung ein Regionalmuseum mit einem Überblick der Lebensräume vom Rheinufer bis zu den niederbergischen Höhen. Hier kann man seine Umwelt in komprimierter Form erleben. Das merkt man auch an den Besucherzahlen, denn für die Schulklassen gehört der Rundgang mittlerweile zum Pflichtprogramm. Natürlich könnte man die Vitrinen durch neue Präparate etwas verschönern, und da habe ich ziemlich freie Hand. Zudem haben mit Thorsten Steinhoff einen guten Präparator im Haus.

Welche Visionen haben Sie für das Museum?

Schardt: Derzeit arbeite ich mich gerade erst ein, schaue, was möglich sein könnte und was nicht. Von Haus aus bin ich Botanikerin und im gegenüberliegenden Schlossflügel ist ein Gartenkunstmuseum. Da drängt es sich schon auf, beide Museen stärker zu verknüpfen. Ein erster Schritt ist die Vernetzung beider Häuser anlässlich des Projektes „Urban Gardening“, mit dem die Stiftung sich an der Quadriennale beteiligt. Alles Weitere wird sich zeigen. Denn zunächst hat eine angemessene Präsentation der 575 Kleinplastiken von Josef Pallenberg oberste Priorität. Die meisten befinden sich noch in den Magazinen im Obergeschoss des Rathaus Benrath, beim Tag der offenen Tür des Benrather Schlosses am 29. März werden sie erstmals dort öffentlich vorgestellt.