Düsseldorf Mit Wut im Bauch auf große Tour
Am 25. März präsentiert die Düsseldorfer Band Broilers ihr neues Album „[sic!]“ in der Kölner Arena.
Das aktuelle Werk „[sic!]“ ist das siebte Album der Broilers. Wie haben sich die Band und die Musik in den vergangenen gut zwei Jahrzehnten verändert?
Chris Kubczak: Wir sind als raue Oi-Punkband 1994 gestartet und sind im Laufe der Jahre immer mehr zu dem geworden, was wir jetzt sind. Es war nie ein Kalkül, sich so zu entwickeln. Aber wir sind älter und reifer geworden. Der eigene Musikgeschmack hat sich geändert und so sind mehr Facetten dazugekommen.
Das letzte Album „Noir“ war etwas poplastiger, geht es jetzt zurück zu den Wurzeln?
Kubczak: Wir mochten schon immer Popmusik und wollten mit „Noir“ ausloten, wie weit wir da gehen können. Es war das Maximum an Pop, das bei den Broilers möglich ist. Und es war auch ein sehr persönliches Album von Sammy, der viele private Dinge thematisiert hat. „[sic!]“ nimmt wieder mehr Drive auf und geht mehr nach vorne. Das liegt auch daran, dass die Thematik sehr politisch ist und dass es gerade viele Entwicklungen gibt, die uns ziemlich wütend machen.
Aktuell lassen die Entwicklungen wirklich nichts Gutes erahnen. Trump regiert die USA, Erdogan die Türkei. Und in Frankreich und Deutschland haben rechte Gruppen wie die Front National und die AfD gute Aussichten bei den Wahlen. Wie fühlt man sich da als Musiker?
Kubczak: Ich finde, dass Künstler ganz generell die Aufgabe haben, den Diskurs anzuregen und die Menschen dazu bewegen sollten, über aktuelle Entwicklungen nachzudenken. Es geht dabei nicht um Belehrung, sondern nur darum Reflexionen anzustoßen. Wenn wir an unsere Großeltern denken, denen man oft vorgeworfen hat, die Anfänge nicht erkannt zu haben, sind wir jetzt in einer vergleichbaren Situation gefordert, anders zu reagieren und eindeutig Position zu beziehen. Wichtig ist es da für Musiker, nicht bequem zu sein, um die Verkaufszahlen zu erhöhen. Man muss Stellung beziehen, auch wenn das manch einem nicht passt.
Was kann man als Musiker heute politisch bewegen?
Kubczak: Der Einfluss von Künstlern gerade auf junge Menschen ist deutlich größer, als man denkt. Es geht nicht um den erhobenen Zeigefinger, sondern nur darum, zum Nachdenken anzustoßen, damit Leute sich Gedanken machen, ob sie wirklich auf dem richtigen Weg sind.
Was bedeutet der Albumtitel „[sic!]“?
Kubczak: Im akademischen Bereich wird dieses Kürzel für Zitate verwendet, die genauso wiedergegeben wie sie sind — auch mit allen vorhandenen Fehlern. Für uns bedeutet das, dass wir zu unserer Vergangenheit als Band stehen. Was passiert ist, war zu dem Zeitpunkt genau richtig für uns.
Wie groß ist inzwischen der Erfolgsdruck geworden?
Kubczak: Man macht sich selbst immer Druck, weil man keinen Schritt zurückgehen und an den Erfolg anknüpfen möchte. Es freut einen natürlich, den Platz 1 der Charts zu erreichen. Das bedeutet ja auch eine gewisse Wertschätzung für uns als Band.
Sie kommen am 25. März in die Kölner Arena. Welche Beziehung haben Sie als Düsseldorfer Band zur Stadt?
Kubczak: Köln hat eine große Menge von echt schönen Locations. Wir haben im Underground begonnen, waren im Luxor und der Live Music Hall, auch im E-Werk und im Palladium standen wir auf der Bühne. Damit haben wir fast alle Spielorte in Köln durch. Und überall haben wir bei den Konzerten tolle Erfahrungen gemacht. Was die Städterivalität angeht, halte ich diese für ziemlich albern und bin da als Oberhausener auch reichlich gelassen.
In Düsseldorf selbst gibt es kein Konzert?
Kubczak: Das würde in diesem Tourabschnitt bei bis zu 15 000 in der Arena keinen Sinn machen. Wir haben immer ein sehr gemischtes Publikum, das aus ganz verschiedenen Ecken nach Köln kommt.
Was erwartet das Publikum in Köln?
Kubczak: Einen Querschnitt durch die gesamte Broilers-Geschichte. Es wird nicht nur die neuen Songs, sondern auch viele alte Stücke geben. Das erwarten die Leute auch, wenn sie viel Geld in die Konzerttickets investieren. Bei sieben Alben wird es allerdings immer schwieriger, die Songs für so ein Konzert auszuwählen. Da gibt es vor der Tour immer viel Diskussionsbedarf.
Was macht Köln und Düsseldorf als Musikstädte aus?
Kubczak: Beide Städte sind sehr weltoffen und dort leben viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen. Das ist gut für eine lebendige Musikszene. Warum aus Düsseldorf die eher härtere Rockmusik kommt und Köln zu den Hip-Hop-Hochburgen zählt, ist schwer zu beurteilen.