Peter Fricke: „Humor verzaubert mir das Alter“
Peter Fricke steht mit 71 auf der Bühne der Komödie und spielt einen Miesepeter, der sich verliebt. Ein Gespräch über das Alter.
Düsseldorf. Als Griesgram Herbert steht Peter Fricke derzeit an der Seite von Doris Kunstmann in dem Stück „Möwe und Mozart“ auf der Bühne der Komödie an der Steinstraße. In dem Lustspiel von Peter Limburg geht es um das Thema Liebe in der zweiten Lebenshälfte.
Peter Fricke: Ja, wenn man keine hohle Nuss ist, dann gibt es die Neugier, nach innen zu schauen, während ich mit 20 die Welt kennenlernen wollte. „Der Prozess findet im Inneren statt“, lautet ein spanisches Sprichwort: Literatur, Musik, Malerei sind heute die „Lustmacher“.
Wie gehen Sie mit den Schattenseiten des Älterwerdens um?
Fricke: Humor verzaubert mir das Leben und damit auch das Alter mit seinen Begleiterscheinungen. Humor ist ein Himmelsgeschenk, das jede Ideologie — und wir sind umgeben davon — zersetzt. Das Lachen verbindet die größten Gegensätze. George Bernard Shaw sagte: „Jugend ist ein wunderbares Geschenk — nur schade, dass sie an die Jugend verschenkt wird.“ Will sagen, erst viel später wird das den Menschen bewusst. Mit dem Jugendwahn der Werbeindustrie hat das aber nichts zu tun, es meint etwas ganz Anderes.
In Düsseldorf spielen Sie die Rolle des Skeptikers Herbert. Erkennen Sie sich in dieser Figur wieder?
Fricke: Ich bin privat weder mürrisch, noch starrköpfig, sondern offen und neugierig. Es geht doch um geistige Vitalität, Beweglichkeit, und im Laufe des Lebens soll sich das Spektrum erweitern, nicht verengen auf Machbares. Das, was in uns angelegt ist, soll sich doch beflügeln. Natürlich kann ich die Figur und den Horizont des Herbert verstehen und ihr Kontur geben, aber auch er geht ja eine Entwicklung durch, was ich versuche darzustellen.
Sie schlüpfen täglich in diese Rolle. Läuft man da nicht Gefahr, in eine Routine zu geraten?
Fricke: Theater ist ja Umsetzung ins Spontane, und das ist tatsächlich schwer, jeden Tag so sichtbar zu machen, als wäre es für die Zuschauer das erste Mal. Der Beruf ist eine Lebensform und braucht viel Energie für die Bühne. Nach dem Krieg bekamen die Protagonisten, also die Hauptrollen in einem Stück, Schwerarbeiter-Zulage. Energie misst sich am Atem. Für das Publikum soll es so scheinen, als entstehe das Stück immer wieder neu und eine „Automatik“ soll es möglichst nicht geben. Theater ist ja — im Gegensatz zu TV und Film — ein lebendiger Vorgang und deshalb so einmalig. Das Publikum und die Darsteller atmen zur selben Zeit und das Geschehen ist unmittelbar. Nach der Vorstellung ist alles Erinnerung. Keine Konserve, kein technisches Medium ist dem vergleichbar.
Ist Routine dennoch eine generelle Gefahr für Menschen im reiferen Alter?
Fricke: Nicht zwingend, denn wenn die Vitalkräfte nachlassen, heißt das nicht, dass die geistige Vitalität auch zurückgeht. Zudem hat man ab einem Alter von 50 die Erfahrung gesammelt, was einem wirklich gut tut. Das führt zu einer größeren Gelassenheit und einem geschärften Blick nach innen. Das ist besser, als wenn man mit 80 noch die Sportschau als Zentrum seines Interesses hat.