Porträt: Christian Schneider - Sein Herz schlägt für die Oboe

Seit einem halben Jahrhundert sammelt Christian Schneider in der ganzen Welt seltene Musikinstrumente.

Düsseldorf. Christian Schneider (67) aus Oberkassel hat sich der Oboe verschrieben, zunächst als Solo-Oboist der Düsseldorfer Symphoniker, dann als Professor für Oboe und jetzt "nur noch" als Sammler der Musikinstrumente.

Er hat mindestens 170 seltene Exemplare und musste inzwischen sogar ein Lager anmieten, um sie in Reih und Glied aufzubauen.

Schneider stammt aus einer Musiker-Familie. Der Vater war Organist, die Mutter und der Großvater hatten Klavier und die Großmutter Gesang studiert. Der Sohn wollte Geiger werden.

Aus anatomischen Gründen habe er aufgehört: "Mein fünfter Finger war zu kurz." Er lebte mit den Eltern in Detmold, und der Nachbar drückte ihm daraufhin eine Oboe in die Hand. "Ich war schon 15 Jahre alt. Heute wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, so spät mit einer neuen Spieltechnik anzufangen."

Die Oboe wurde seine große Liebe. Was ihn daran so fasziniere? "Es war das Instrument des Gottes Dionysos, der Orgien, der Sinnlichkeit. Den Päpsten vom Altertum bis in die Renaissance war sie zu sinnlich. Sie verbannten die Oboe aus der Kirche."

Es gibt noch viele andere Gründe, warum Schneider von allem, was sich Schalmei, Aulos, Tarompet, Shanai oder Piffaro nennt, begeistern lässt, so dass er Instrumente aus der ganzen Welt zusammenträgt: "Mich fasziniert der Klang.

Die Oboe ist der menschlichen Stimme sehr nahe. Sie ist lauter als die Flöte und hat einen größeren Umfang als die Blockflöte. Sie ist sehr expressiv, und die Oboen-Partien von Bach sind einfach nicht zu übertreffen."

Schneider war 25 Jahre alt, als er sich die Kopie einer Barock-Oboe kaufte, um im Barockorchester des WDR mitzuspielen. "Eine scheußliche Kopie war das", sagt er rückblickend.

Noch im selben Jahr bekam er ein Volksinstrument aus Afghanistan geschenkt. Es wurde zum Aha-Erlebnis: "Ein archaisches Instrument, ein Hartholz. Damit hätte man jemanden erschlagen können."

Nun kann ein Solo-Oboist am Orchester in Düsseldorf (Schneider: "Fest bestallt und fast beamtet") nicht herumreisen, um Instrumente zusammenzukaufen. Schneider hatte Glück, er stieß auf Johann Raeck in Gerresheim: "Raeck war ein Aussteiger. Er hatte einen Kleinbus, fuhr damit durch Nordafrika, die Türkei, Afghanistan, Pakistan, Indien und Nepal. Er kaufte Kunsthandwerk und verkaufte es in seinem Raritäten-Geschäft."

Schneider wurde sein bester Kunde: ",Bring mir mit, was du an Musikinstrumenten finden kannst’, habe ich ihm gesagt. Raeck hat den Grundstock für meine Sammlung gelegt. Er kaufte für mich Instrumente, die man heute nur noch vom Hörensagen kennt."

Als Raeck eines Tages erklärte, der Markt sei leer, machte sich Christian Schneider zusammen mit seiner Frau selbst auf den Weg. Seitdem bringt er zu jeder Trophäe auch eine Geschichte mit nach Hause.

Beispielsweise beschreibt er seinen Einkauf im indischen Ladakh so: "Wir wollten eine Postkarte von einer Oboe haben. Im Laden sagte man uns, eine Postkarte hätten sie nicht, dafür aber ein Instrument, das ein Wandermönch bei ihnen eingetauscht habe."

Er bereiste mit seiner Frau Nordvietnam, fuhr mit dem Zug ins Bergland, sie wateten durch Regenwasser, das ihnen bis zu den Knien reichte. Dabei versank seine Frau fast in einem Abwasserkanal. Es versteht sich, dass die beiden schließlich mit zwei Instrumenten nach Düsseldorf heimkehrten.

Ob er auf all den 170 Exemplaren spielen könne? Wieder kommt eine schnelle Antwort: "Nein, dazu habe ich viel zu viel Hochachtung vor den alten Kulturen. Ich könnte Geräusche machen, aber keine Musik produzieren.

Ich sammle Oboen, um sie vor dem Verfall zu retten. Und ich kaufe mir CDs, die zu den Instrumenten passen." Was er eines Tages mit den Instrumenten mache? Er zuckt mit den Achseln.