Premiere in der Rheinoper: Auf die Hummel gekommen

Regisseur Claus Guth entführt Rossinis „Barbiere di Siviglia“ ins Reich der Insekten — mit zweifelhaftem Erfolg.

Düsseldorf. Figuren flirren und flattern sirrend über die Bühne in Claus Guths Inszenierung des „Il Barbiere di Siviglia“. Die geflügelten Gestalten stellen das Personal in Rossinis Erfolgsstück, das nun an der Rheinoper Premiere hatte. Friseur Figaro ist eine smarte Fliege mit blondierten Strähnen, der strenge Doktor Bartolo gehört zur Gattung der Spinnen, sein umworbenes junges Mündel Rosina entpuppt sich als Schmetterling, und bei der tierischen Versinnbildlichung des Grafen Almaviva ist der Regisseur auf die Hummel gekommen.

Im Programmheft erklärt Guth dem Publikum, er betrachte die Figuren mit extremer Distanz, wie durch ein umgedrehtes Fernglas. Das Regie-Ergebnis erweist sich als entsprechend simplifizierend, was nicht gerade als Vorteilfür den Plot erweist. Die etwas infantil wirkende Biene-Maja-Ästhetik (Bühne und Kostüme: Christian Schmidt) wird dem Stück und seinem komischen Potenzial nur unvollkommen gerecht. Komik entsteht nicht durch die Zurschaustellung pauschal grotesker Figuren, sondern durch das Scheitern des ernst Gemeinten. Schießbudenfiguren oder sich insektenhaft gerierende Liebhaber sind allenfalls albern.

Vielleicht hat es Guth ja auch gar nicht so witzig gemeint. Gewiss lehrt uns die Fabel das ein oder andere, etwa dass sich Menschen und Tiere in amourösen Angelegenheiten zuweilen ähneln.

Und dann gibt es einen dieser Momente, wo einem wieder aufgeht, warum man überhaupt in die Oper geht: Der Bariton Dmitri Vargin betritt die Bühne und singt den Figaro mit so schönem vollen Timbre, dass die Aufführung beginnt aufzublühen. Auch darstellerisch füllt Vargin die Figur voll aus und bewegt sich in seinem Fliegen-Kostüm überaus schneidig.

Die slapstickartige Personenregie lebt ja auch vom schauspielerischen Talent der Sänger. Und was das angeht, schlagen sich vor allem José Manuel Zapata (Almaviva) und Bruno Balmelli (Bartolo) wacker. Ein Stimmfest ist die Aufführung bis auf die Figaro-Partie leider nicht. Sängerin Lena Belkina kann nach der großen Arie der Rosina „Una voce poco fa“ nur Höflichkeitsapplaus verbuchen. Sie besitzt zwar in der Mittellagen reizvoll getönte Klangfarben, neigt aber in der Höhe zur Blässe und Mattheit, derweil die Koloraturen kaum Brillanz entwickeln.

Die von Axel Kober geleiteten Düsseldorfer Symphoniker musizieren ernüchternd brav. Vor allem in der kecken Ouvertüre will der musikalische Witz nicht recht herauskommen. Das Publikum reagiert nicht gerade euphorisch. Bejubelt werden vor allem Dmitri Vargin und Bruno Balmelli. Als Claus Guth mit seinem Regieteam vor den Vorhang tritt, halten sich Bravos und Buhs in etwa die Waage.