Sabrina Fritsch Die Senkrechtstarterin der Malerei
Düsseldorf · Die 41-Jährige wurde soeben mit dem Landsbergpreis ausgezeichnet und stellt im Kunstpalast aus.
Sabrina Fritsch (41) begann in Mainz als Studentin von Winfried Virnich, einem Vertreter der radikalen ungegenständlichen Malerei, und von Anne Berning, einer Konzeptkünstlerin. Dann wechselte sie nach Düsseldorf und wurde Meisterschülerin von Peter Doig, dem Maler von Stimmungen. Sie hatte also alle Möglichkeiten der Malerei studiert, als sie 2015 auf der Art Cologne ausgezeichnet wurde. 2017 erhielt sie den großen Hans-Purrmann-Preis, und jetzt ist es der Landsberg-Preis, der mit einer Kabinettausstellung im Kunstpalast verbunden ist. Diese Senkrechtstarterin hat zugleich eine auf zwei Jahre befristete Professur an der Kunstakademie.
Sie strebt nach der Perfektion im konkreten Bild, die atemberaubend ist. Zur Verwirklichung ihres Zieles ist ihr jede technische Überlegung recht. Wollte man all ihre Einfälle im Umgang mit Oberflächen und Texturen unter einen Hut bringen, würde man scheitern. Lasierte Farbräume, dann wieder dichtes Gewebe, positive und negative Flächen durch Auffüllen und Abschleifen von Farbschichten, Farbwolken und präzise geschnittene Flächen finden sich in ihrem Werk. Auch die Grundierungen und die Untergründe auf grobmaschiger Jute wechseln. Neuerdings dekliniert sie auch noch das Alphabet der Farben nach dem Farbmodell des industriellen Vierfarbdrucks. Der Code dazu sind die Töne Cyan, Magenta, Yellow und Key oder zu Deutsch: Blau, Rot, Gelb und Schwarz.
Die Ausstellung im Ehrenhof trägt den Titel „Charlie Mike Yankee Kilo“. Es sind die Buchstaben des deutschen Nato-Alphabets für den Sprechfunk im Flug- und Schiffsverkehr. Ein internationales Kürzel also, das auch die Bundeswehr benutzt. Der Künstlerin geht es nicht ums Militär, sondern um die Allgemeingültigkeit, wie sie sagt. Sie fragt sich: „Wie kann man etwas in einer anderen Sprache klar und deutlich wiedergeben? Es gibt bestimmte Systeme, mit denen ich spiele.“
Kay Heymer, Leiter der modernen Abteilung im Kunstpalast, spendete der jungen Künstlerin bei der kleinen Eröffnung ein dickes Lob: „Sabrina Fritsch betreibt keine kleine, ängstliche Revolte, sondern sie steht auf Augenhöhe mit den großen Malern der Kunstgeschichte.“ Was sie aus den vier kahlen Wänden gemacht hat, ist erstaunlich. Sie richtete ihre Ausstellung mit dem formal strengen Programm selbst ein, strich die Wände in den vier Farben, montierte die Bilder in Relation zum Raum und zum Deckenlicht, und sorgte für präzise Dialoge zwischen den verschiedenen Gründen, Spachtelmassen, Sandbeimischungen auf Acrylbasis und aufgesetzten Bildern.
Alles ist extrem genau ausgesucht. Damit der Betrachter eine Vorstellung von ihrem Weg zu dieser Perfektion erhält, beginnt sie bei einer Aktdarstellung von 2013, wobei sie die Silhouette einer Sitzenden aus der Farbmasse heraushebt. Die Ränder geben die Gestalt an, das Bild selbst ist als Negativ konzipiert. Diese Methode, die Oberfläche unterschiedlich zu behandeln, beweist ihr großes handwerkliches Können im Färben, Spachteln und Schleifen. So wechselt sie im Farbauftrag auf der groben Jute, indem sie etwa eine Sandpaste für die raueren Stellen einsetzt und die übrigen Flächen mehrmals überstreicht oder anschließend schleift. Oder sie setzt ein schmales Tortenstück aus Malbutter mit Ölfarbe auf die Fläche, und nun springt eine gelbe Trittstufe in die Dreidimensionalität. Andererseits lässt sie Malbutter in ungrundierte Partien auslaufen. Ein Bild soll zeigen, was es kann.
Kunstpalast, Ehrenhof, Saal 4, bis 14. Juni. Ticket 5 Euro, ermäßigt 4 Euro