Schauspielhaus: Feuer frei auf die Stoffhasen
Viel Tamtam, wenig Tiefe bei der "Wildente" im Schauspielhaus
Düsseldorf. Das Theaterblut spritzt, Federn und Laub wirbeln durch die Luft und die Schauspieler rasen mit Stoffhasen in den Händen über die Bühne. Die Bond-Hymne "Live and let die" befeuert die Szene in ohrenbetäubender Lautstärke.
Der alte Ekdal (Winfried Küppers), ein ehemaliger Zuchthäusler und Jagdveteran, schießt, und der für ihn von seiner Familie inszenierte Spuk auf dem Dachboden ist vorbei. Und damit der dramatische Höhepunkt in Daniela Löffners Inszenierung von Henrik Ibsens "Die Wildente" im Kleinen Haus.Tochter Hedvig beendet das Hin und Her mit einem Schuss - Selbstmord.
Es folgen mehr als zwei Stunden, in denen nicht deutlich wird, wie die Regisseurin das 1885 im norwegischen Bergen uraufgeführte Stück sieht. Warum sie den Zuschauern die Geschichte des erfolglosen Fotografen Hjalmar Ekdal (Rainer Galke), seiner Familie und der Abhängigkeit vom Geld seines Gönners Konsul Werle (Pierre Siegenthaler) heute erzählt. Inspiriert von Jürgen Gosch, der mit viel Blut in seiner Düsseldorfer "Macbeth"-Inszenierung Theatergeschichte geschrieben hat, lässt Löffner die acht Schauspieler zu jeder Zeit am Bühnenrand sitzen. Sie beobachten, auf Stichwort stehen sie auf und bringen sich ins Spiel.
Der Dachboden, auf dem die Ekdals für den Großvater mit Hühnern, Kaninchen und einer Wildente die Freiheit norwegischer Wälder simulieren, steht für die Selbsttäuschung, mit der diese Menschen zwar arm aber glücklich leben. Bis Gregers Werle (Thiemo Schwarz) seinem Jugendfreund Hjalmar dessen Lebenslügen um die Ohren haut. Aufgeschreckt aus seiner Gemütlichkeit wendet der sich ab von dem, was ihm am liebsten ist: die Tochter Hedvig (Lisa Arnold). Mit der Klarsicht eines Kindes erkennt Hedvig, dass nichts mehr so sein wird wie vorher. Während die Erwachsenen noch hadern, wie, wo und mit wem es sich nun leben lässt, beendet Hedvig das Hin und Her mit einem Schuss - Selbstmord, das Kind ist tot. Erweckend und erlösend wirkt der Knall am Ende.
Ähnlich den Darstellern, die, wenn nicht gerade selber in Aktion, gelangweilt mit den Beinen baumelnd den dramatischen Entwicklungen folgen, geht es dem Zuschauer. Immerhin: Rainer Galke und Thiemo Schwarz verkörpern ihre Charaktere im Jogginghosen-Schlabber-Look gekonnt. Doch der Versuch, dieser Szenerie mit einem Krakenkostüm für das Kind und der wilden Jagd auf die Stoffhasen etwas skurril Komisches und zugleich tiefsinnig Doppelbödiges zu verleihen, bleibt nur ein Versuch.