Schlaganfall – und das Leben danach
Erika Pullwitt hat einen Roman über Sprachlosigkeit geschrieben.
Düsseldorf. Aphasie - was ist das eigentlich? Die meisten Menschen können mit dem Fachbegriff für die Sprachlosigkeit, die häufig einem Schlaganfall folgt, nichts anfangen. Bis sie selbst damit konfrontiert werden. Erika Pullwitt musste 1989 lernen, was Aphasie bedeutet. Ihr Mann hatte mit gerade mal 47 Jahren einen Schlaganfall, der vor allem das Sprachzentrum betraf. Gerade mal 50 Wörter sind ihm seitdem geblieben.
Über die Erfahrungen mit ihrem sprachgestörten Mann hat die Düsseldorferin nun einen Roman geschrieben. "Der Schlaganfall war eine Katastrophe. Aber es war auch schlimm, wie sich der Alltag danach verändert", sagt die ehemalige Rektorin. Wie viele nicht mit der Behinderung umgehen können, wie sich Freunde abwenden. Vor zehn Jahren hätte sie das Buch noch nicht schreiben können. "Aber nun habe ich einen gewissen Humor wiedergefunden", sagt sie.
Bereits 2002 hatte sie die Idee zu dem Buch. "Es war mir ein Anliegen, den ganz normalen Alltag zu schildern", sagt die Autorin. Doch noch fehlte ihr das Handwerkszeug. Sie besuchte eine Schreibwerkstatt und entwickelte parallel dazu ihr Buch.
Nun liegt der Band vor. Pullwitt hatte Glück und fand in der Editions Ebersbach gleich einen renommierten Verlag. In der Reihe "Frisch gepresst" darf sie ihn nun nächste Woche in Düsseldorf erstmals präsentieren.
In dem Buch erzählt Erika Pullwitt die Geschichte von Karin und Steffen, die bereits seit 20 Jahren mit der Sprachstörung von Steffen leben. Dem komplizierten Alltag muss Karin unbedingt einmal entfliehen und reist für drei Wochen an die Nordsee. Dort lernt sie den gleichaltrigen Georg kennen. Die Begegnung mit ihm weckt verschüttete Wünsche, Bedürfnisse - und Erinnerungen. Karin denkt zurück an die Zeit, als Steffen noch gesund war. Mit Sorge denkt sie an die Zeit, wenn sie zu Steffen zurück kehrt.
Sicherlich sei der innere Konflikt der Protagonistin ihr eigener Konflikt, sagt die Autorin. Sie selbst habe sich häufig die Frage gestellt: "Wie viele Leben habe ich nicht gelebt?" Aber für das Buch habe sie die Wirklichkeit neu zusammen gesetzt und mit Dingen kombiniert, die sie von anderen Betroffenen gehört habe.
Für sie selbst kam es nie in Betracht, ihren kranken Mann zu verlassen, "aber ich kenne andere Frauen, die sich in einer ähnlichen Situation von ihrem Mann getrennt haben". Ihren Mann kennt sie seit der 10. Klasse. Und trotz der Krankheit habe er seine fröhliche Natur behalten. War das Schreiben für sie eine Art Selbsttherapie? "Ja, in jedem Fall", sagt die Autorin. "Aber mir brannte es auch auf den Nägel, andere über die Krankheit aufzuklären."