Serienmörder Peter Kürten: Die Faszination des Vampirs

Ein neues Kammerspiel handelt von Serienmörder Peter Kürten. Für die WZ beleuchtet Thomas Bernhardt dessen Leben.

Düsseldorf. Beinahe das ganze Jahr 1929 über herrschten in Düsseldorf Angst und Schrecken vor einem Serienmörder. Fast täglich erschienen in den Zeitungen neue Horrormeldungen über den "Vampir von Düsseldorf". Doch die Polizei tappte im Dunkeln.

Menschen bezichtigten sich gegenseitig. Hellseher boten vermehrt ihre Dienste an. Männer, als Frauen verkleidet, wollten den Täter in eine Falle locken. Frauen und Mädchen wagten sich kaum noch auf die Straßen. Aus Berlin kamen Kriminalbeamte an den Rhein, um den Düsseldorfer Kollegen zu helfen.

Alles vergebens, nur: Aus den Tatwaffen und dem Umstand, dass bis auf eine Ausnahme Frauen die Opfer waren, schloss man, dass es sich um ein und denselben Täter handeln müsste.

Nach seiner Verhaftung im Mai 1930 bekam das "Monster" einen Namen: Peter Kürten. Im Mai 1883 in Mühlheim bei Köln geboren, floh der junge Kürten immer wieder vor den häuslichen Alkohol- und Gewaltausbrüchen seines Vaters und wurde zeitweise in einem Heim untergebracht.

Als 14-Jähriger würgte er im Grafenberger Wald schon ein Mädchen. Seinen ersten Mord beging er an einem neunjährigen Mädchen 1913 während eines Wohnungseinbruches in Köln-Mülheim. Sexuelle Befriedigung empfand er, als er diesem Mädchen den Hals durchschnitt, sagte er später.

Vor dieser Tat und auch danach verbrachte er viele Jahre wegen verschiedener Delikte in Gefängnissen. Seinen Lebensunterhalt bestritt er aus Diebstählen oder Einbrüchen. 1923 heiratete er und kehrte nach Düsseldorf zurück. Im Februar 1929 begann seine schreckliche Mordserie. Tatorte waren Gerresheim, Flingern, die Zoogegend oder wieder Gerresheim, hier vergrub er die Leichen und schickte Skizzen des Ortes an Polizei und eine Zeitung, damit seine Tat auch "öffentliche Resonanz" erfuhr.

Seine Opfer suchte er sich unter fünfjährigen Mädchen genauso wie unter jungen Frauen oder auch einem betrunkenen Invaliden. Tatwaffen waren meist Scheren oder Hämmer - und seine bloßen Hände. Auch nach seinem letzten Mord wurde er immer wieder gewalttätig gegen Frauen, seine Frau erwischte ihn zudem mit neuen Frauen-Bekanntschaften. Bei seiner Festnahme gab er an, er hätte vorgehabt, die junge Witwe, mit der er zwischenzeitlich ein Verhältnis angefangen hatte, irgendwann zu töten. Dabei wollte er auch ihre Kinder nicht verschonen.

Dazu kam es nicht mehr: Nachmittags am 24. Mai 1930 wurde Peter Kürten an der Rochuskirche in Pempelfort verhaftet. Hier hatte er sich mit seiner Frau verabredet, diese informierte die Polizei. Während seiner Vernehmungen gab es etliche Kehrtwendungen in den Geständnissen. So gestand er auch Taten, die er nicht begangen hatte.

In seiner Wohnung fand die Polizei Kleidungsstücke von seinen Opfern und auch Hämmer. Weitere Hämmer hatte er vorsorglich für zukünftige Taten neben dem Fußballplatz von Fortuna Düsseldorf in Flingern begraben. Gutachten über seinen Geisteszustand füllten viele Prozessaktenbände.

Es folgte ein Prozess, der sich über neun Tage zog und als einmalig in der Geschichte der deutschen Rechtsprechung bezeichnet wurde. Bekannt wurde dabei auch, dass es 12000 Hinweise aus der Bevölkerung gegeben hatte - die Polizei war überfordert gewesen.

Peter Kürten hatte in den Verhören und Verhandlungen seine Taten so detailliert beschrieben, wie es wohl selten ein Verbrecher jemals getan hatte. Neben seinen versuchten und vollendeten Morden gestand er Einbrüche, Diebstähle oder Brandstiftungen. Auch Tiere misshandelte er, ertränkte sie oder verging sich sexuell an ihnen.

Im Hofgarten, unweit des Parkhotels, hat er einem Schwan den Hals aufgeschlitzt und das Blut probiert, weil es besser schmecken sollte als das eines Menschen. Zu dieser Zeit hieß er bereits "Vampir von Düsseldorf", auch wenn nicht belegt ist, dass er jedes Mal das Blut seiner Opfer getrunken haben soll.

Eine ganze Asservatenkammer voller Tatwerkzeuge, Kleidungsstücke oder auch präparierter Schädel wurde in den Prozess mit einbezogen. Zahlreiche psychologische Sachverständige untersuchten Kürten und bezeichneten ihn als voll zurechnungsfähig, also keineswegs geisteskrank.

Ein Sadist sei er, der seine Taten bei vollstem Bewusstsein durchgeführt hätte. Peter Kürten wurde im April 1931 zu 15 Jahren Gefängnis und, wegen Mordes in neun Fällen, neun Mal zum Tode durch das Fallbeil verurteilt. Viele Menschen bedrängten das Gericht, der Hinrichtung beiwohnen zu dürfen, aber nicht alle wurden zugelassen.

Peter Kürten hoffte noch auf Begnadigung, die aber wurde am 30.Juni 1931 abgelehnt. Kürten schrieb in der ihm verbleibenden Zeit zahlreiche Briefe an die Opfer-Angehörigen und an seine Frau mit der Bitte um Verzeihung. Am 2. Juli 1931 wurde das Urteil im Kölner "Klingelpütz" vollstreckt. Ein Franziskaner aus Düsseldorf leistete Beistand.