Tanztheater: Stumme Sprache des Herzens
Die französische „Compagnie Montalvo-Hervieu“ zeigt im Tanzhaus eine atemberaubende Collage getanzter Bilder.
Düsseldorf. Es ist der Clown, der die Richtung vorgibt: "Hör auf zu sprechen, und fühle deinen Körper." Ungelenk-schamvoll vollführt er die ersten Tanzbewegungen - und hält dem Zuschauer so den Spiegel vor: Es ist so unendlich schwierig in einer von Konventionen bestimmten Welt, einfach aus sich herauszugehen.
Den Instinkten zu folgen. Den Körper sprechen zu lassen. "Hörst Du mein Herz sprechen, ohne dass ich die Lippen bewege?", fragt er ein paar Szenenbilder später. Vor ihm tanzt ein Tanzpaar eine schüchterne, berührend grazile Annäherung. Ja, sie sprechen, die Herzen. Ohne Worte.
"La Bossa Fataka de Rameau" heißt diese Tanztheater-Collage der französischen Compagnie Montalvo-Hervieu. Ungeachtet des sperrigen Titels - ein Fragment eines dadaistischen Gedichts, kombiniert mit dem Nachnamen des Barock-Komponisten Jean-Philippe Rameau - richtet sich die Inszenierung an Zuschauer ab fünf Jahre. Doch was die sieben Darsteller der Compagnie da auf die Bühne des Tanzhauses zaubern, kann Betrachter jeden Alters bewegen und begeistern.
José Montalvo und Dominique Hervieu kombinieren in ihrer Inszenierung ausgefeilt animierte Videokunst und Tanz der Spitzenklasse, um eine ganz neue, surreal-traumhafte Bilderwelt zu erzeugen. Auf der Leinwand erwachen Statuen zum Leben, hüpfen Barockfiguren auf Wolken, schlüpfen Küken aus dem Ei, verwandeln Menschen sich in Löwen und wieder zurück.
Geschickt wird das Ensemble in den animierten Hintergrund integriert: Auf einmal tragen zwei Tänzer scheinbar einen Elefanten auf einem Stück Teppich vor sich her, tanzen mit Tigern oder einer Pferdeherde.
Und - wie sie tanzen. So unterschiedlich die Darsteller sind - drei Frauen und vier Männer, schwarz neben weiß, groß neben klein, zierlich neben athletisch - so steht jeder auch für einen anderen Tanzstil. Filigrane Ballerina, akrobatischer Street-Dancer, Hip-Hopper, Ethnotänzer oder der Beat-Box-Künstler, der die eben noch perlenden Menuette Rameaus mit Stimme und Mikro in den Soundtrack einer Breakdance-Nummer übergehen lässt.
Ihre unterschiedlichen Bewegungsstile, ihre Körpersprachen ergänzen, variieren und kombinieren die Akteure zu betörend schönen, mal schnellen, mal akrobatischen, mal umwerfend komischen Szenen. Das Publikum staunt, lacht, klatscht - und darf am Ende mittanzen.
Die Botschaft der Show bringen mittendrin zwei Darsteller auf den Punkt: "Wenn ich tanze, kann ich alles sein. Wenn ich tanze, fühle ich mich gut. Wenn ich tanze, will ich niemals aufhören." All das merkt man den Akteuren in jeder Sekunde der Inszenierung an. Doch leider: Nach einer Stunde ist diese mitreißende Liebeserklärung an den Tanz vorüber.