Theater: Viel Raum für Koeppens Triebwelt
Der Kanadier Jacob Wren bringt im FFT Juta den Roman „Tod in Rom“ auf die Bühne. Dialoge und Szenen sind selten - den Schauspielern bleibt nur das Rezitieren von Prosa.
<strong>Düsseldorf. Es kommt viel zusammen im Roman von Wolfgang Koeppen, der 1954 die literarische Öffentlichkeit in Deutschland verstörte. Ausgerechnet "Judejahn" heißt der ehemalige SS-Offizier, der nach Kriegsende in Rom die verwandten Pfaffraths trifft. Das Werk von deren Sohn Siegfried wird uraufgeführt, ausgerechnet vom Dirigenten Kürtenberg, dessen jüdischer Schwiegervater von "Judejahn" einst ans Messer geliefert wurde. Am Ende erschießt der Altnazi Ilse Kürtenberg. Die Mischung von politischer Analyse und kruder Schockdramaturgie faszinierte den kanadischen Theatermacher Jacob Wren. Denn Koeppen räumt in "Tod in Rom" auch der Gefühls- und Triebwelt der Personen breiten Raum ein. Siegfried ist homosexuell und steigt in die Tiefe des Tiberufers zu den Strichjungen hinunter. Er lädt Adolf, den Sohn Judejahns, in ein Homosexuellencafé ein.
Wechsel zwischen Innen- und Außenperspektive
Koeppen lässt die Figuren mal in der Ich-Form sinnieren, dann wieder in der Außenperspektive erzählen. Jacob Wren sucht diesen Wechsel theatralisch umzusetzen, indem er die Schauspieler wie unbeteiligt berichten lässt, dann wieder aus der Figur heraus. Dialoge und Szenen sind äußerst selten - und das ist ein Problem des Abends. Denn trotz intensiver Präsenz der Darsteller bleibt ihnen nur das Rezitieren von Prosa, in verschiedenen Positionen stehend oder sitzend.Auch wenn mal gekocht oder gegessen wird, wenn Rotwein aus Biergläsern gekippt oder rote Wollfäden in Brot eingestickt werden - die skurrilen, aber zu harmlosen Bilder verbinden sich kaum mit dem erzählten Text.
Wren betont die kreative Autonomie der Schauspieler; und die haben sich viel ausgedacht, während die Kollegen Text aufsagen: So werden beachtliche Gläserpyramiden und Kartenhäuser aufgebaut; Gurken auf Plattenteller gesetzt und mit roten Wollhäubchen versehen.