Tonhalle: Konzerte zwischen Kitsch und Kunst
In der kommenden Saison geht es um das, was man in der Musik subjektiv als schön empfindet.
Düsseldorf. „Schön!“ — so lautet der Untertitel des neuen Jahresprogramms „O-Ton“ der Tonhalle für die Konzertsaison 2012/2013. In dem bunt aufgemachten Magazin, dessen vorige Ausgabe unter dem Motto „Einfach fühlen“ stand, geht es um die Frage nach dem Schönen. Passend zum Thema befindet sich im 140 Seiten starken Programmbuch ein Interview mit Bazon Brock, dem Professor für Ästhetik an der Uni Wuppertal.
Das knallbunte Titelblatt ziert ein folkloristisch gekleideter junger Mann, spanischen oder lateinamerikanischen Aussehens mit umgeschnalltem Sombrero. Schwarz, rosa, rot blau, grün, orange und silbern glitzern der Anzug sowie eine schnörkelreiche, blumengeschmückte Gloriole, die den Herrn umgibt.
Schön schrecklich sieht das aus, und es soll wohl provozieren — ein Hingucker ist es allemal. Bilderreich geht es im Magazin weiter mit „Virtuosen in Unterhosen“ — kolorierte Zeichnungen, die aktuelle Klassikstars darstellen. Anna Netrebko sieht man beinfrei singend und von zwei weißen Tauben umflattert. Der geigende, halbnackte David Garrett ist als Meerjungfrau mit Fischflossen ins Bild gesetzt.
Das Konzertprogramm selbst nimmt sich daneben vergleichsweise keusch aus. In den seit Michael Beckers Intendanz kosmologisch getauften Veranstaltungsreihen erstreckt sich die große Bandbreite klassischer Musik — von der Spätrenaissance bis zur Moderne.
Generalmusikdirekto (GMD) Andrey Boreyko wagt sich verstärkt an die Großwerke der Spätromantik heran. Zum Beispiel wird er im April 2013 mit den Düsseldorfer Symphonikern Anton Bruckners 7. Symphonie einstudieren. „Das Orchester und ich verstehen uns jetzt hundertprozentig“, sagt der GMD, der in seiner Anfangszeit betont hatte, erst nach ausführlichem gegenseitigem Kennenlernen an ein Opus magnum herangehen zu wollen.
Boreykos Vorgänger John Fiore, der nun Orchesterchef im norwegischen Oslo ist, kommt im Oktober dieses Jahres nach Düsseldorf als Gastdirigent seiner ehemaligen Symphoniker und des Städtischen Musikvereins. Er bringt aus der Osloer Oper Gesangssolisten mit. Gemeinsam bringt man ein norwegisches Musikjuwel zum Klingen: Edvard Griegs vollständige Bühnenmusik „Peer Gynt“ nach Henrik Ibsen. Zu den besonderen Veranstaltungen gehört auch ein Festkonzert anlässlich der Wiederaufstellung des Mendelssohn-Denkmals. Symphoniker und Musikverein führen am 27. September berühmte Mendelssohn-Werke auf, darunter die berühmte Hymne „Hör mein Bitten, Herr“.
Das Programmbuch ist kostenlos und liegt in der Tonhalle aus. Es gibt noch eine mediale Innovation: Ab Freitag kann man sich für das Smartphone einen Tonhallen-App besorgen, mit dessen Hilfe eine individuelle Navigation durch das Konzertleben möglich wird.