Tonhalle: Violinist Joshua Ball - Das Spiel des Engelsgeigers
Der Solist Joshua Bell begeistert mit dem Minnesota Orchestra.
Düsseldorf. Es gibt Virtuosen, denen man die Anstrengung bei der Überwindung spieltechnischer Hürden anmerkt und auch solche, die sich in der exaltierten Pose des Teufelsgeigers gefallen. Zu diesen beiden Sorten gehört der amerikanische Violinist Joshua Ball überhaupt nicht.
Dass der Finalsatz des Violinkonzerts von Samuel Barber (1910-1981) zwar nicht ganz leicht sein kann, hört wohl jeder Besucher des Heinersdorff-Konzerts in der Tonhalle, und bei genauerem Hinsehen wirken Joshua Bells Gesichtszüge in heiklen Passagen vielleicht etwas angespannt. Doch die körperliche Lockerheit beim Spiel und die weichen, immer sauber gestrichenen Töne erwecken fast den irreführenden Eindruck, als sei Geigespielen nicht gar so schwer.
Die exakte Intonation erscheint bei Joshua Bell wie selbstverständlich. So undiabolisch und rein wirkt dieses Spiel, dass man einen Antipoden des Teufelsgeigers, gewissermaßen einen Engelsgeiger vor sich zu haben glaubt. Weniger virtuos, dafür aber umso gefühlvoller sind die ersten beiden Sätze des neo-romantischen Barber-Konzerts.
Joshua Bell verschmilzt dort förmlich mit den warmen, elegischen Streicherwogen, und es entstehen emotionale Momente zum Mitseufzen. Für den starken Beifall bedankt sich Bell mit bravourösen Dies-irae-Variationen Eugène Ysayes.
So fein und sinnlich auch Barbers Violinkonzert klingt, das spannendere Opus des Abends ist Beethovens 3. Symphonie mit dem martialischen Beinamen "Eroica". Das ursprünglich "Bonaparte" getaufte Opus (nach Napoleons Selbstkrönung strich Beethoven die Widmung wieder) feiert die Sonnenseite des Heldentums; selbst den langsamen Trauermarsch verdunkeln trotz des erhabenen Ernstes keine Schatten.
Dieses tönende Denkmal für einen Helden weder marmorn erstarren zu lassen, noch es flott abzuwickeln, ist die Kunst bei der Aufführung. Dirigent Osmo Vänskä setzt auf stringente Tempi, kräftige Akzente und die akribische Hervorhebung musikalischer Einzelheiten, das Minnesota-Orchester folgt ihm gutwillig und spieltechnisch versiert. Besonders leuchtend gelingen dabei Scherzo und Finale. Beim Trauermarsch entsteht jedoch aufgrund Vänskäs offensiver Detailversessenheit eine den Ablauf schwächende Hektik.
Der Abend beginnt flirrend und luzide mit "Slonimsky’s Earbox" (1996) des amerikanischen Minimalisten John Adams (geb. 1947) - Musik wie aus dem Zeichentrickfilm; man glaubt rotierende und pumpende Maschinen einer Zauberfabrik vor sich zu sehen. Mit der Zugabe, dem "Valse triste" von Jean Sibelius, grüßt Vänskä melancholisch aus seiner finnischen Heimat.