Komödie Von der Seifenoper auf die Theaterbühne
Tatjana Kästel und Stefan Bockelmann kennen die meisten aus Vorabend-Serien. In der Komödie an der Steinstraße beweisen sie ihr Können.
Düsseldorf. Beide haben Grund zum Strahlen: Stefan Bockelmann (39) und Tatjana Kästel (33). Nicht nur weil sie derzeit in der Komödie jeden Abend gefeiert werden. Dort mimen sie in „Mein perfekter Partner“ zwei Ex, die von ihren Partnern ausgebootet wurden, sich aus Frust und unter Alkoholeinfluss näherkommen und danach eine Schicksalsgemeinschaft bilden. Die beiden sind außerdem erfolgreich im Fernsehgeschäft. Tanja war bis zum Schluss der „Verbotenen Liebe“ die schöne Rebecca Gräfin von Lahnstein, der smarte Strahlemann Stefan mimt seit 14 Jahren den Barkeeper Malte Winter in „Unter uns“.
Durch diese Vorabendserien der ARD („Verbotene Liebe“, sie lief jetzt nach 20 Jahren aus) und RTL („Unter uns“, läuft seit 1994) sind ihre Gesichter einem Millionenpublikum bekannt. Das spürt jeder, der sich mit den beiden im Komödien-Restaurant an der Steinstraße trifft. Viele Besucherinnen sprechen die beiden an - meist als Frau Gräfin oder als Malte Winter. „Die Leute kennen uns in diesen Rollen und identifizieren uns damit, irgendwie gehören wir ihrem Leben“, sagen sie unisono.
Ihre Gesichter sind bekannter als ihre Namen. So wurde Tatjana schon mal als Gräfin Rebecca in einem Supermarkt angesprochen. Nervt das? Nein, bekennen beide. „Das wollen Schauspieler doch alle — erkannt und angesprochen werden. Das schmeichelt.“ So scherzt Stefan B. gerade mit einer Theaterbesucherin, die ihn auf eine Folge anspricht. Viele Seifenoper-Fans wollen die Darsteller, die sie von der Mattscheibe kennen, live erleben. Davon profitieren bundesweit die Boulevard-Theater, auch in Düsseldorf.
Früher, in den 90ern, als Goldgräber-Stimmung bei den Vorabendserien herrschte, war vieles anders, aber nicht unbedingt besser. Als junge Männer und Frauen von der Straße engagiert wurden, weil ihre Gesichter zum Typ einer Serienfigur passte. Bockelmann: „Heute wird eine Schauspielausbildung und schnelles, professionelles Arbeiten erwartet, auch weil die Sender durch Finanznot die Drehtage verkürzt haben.“
Tatjana studierte am Salzburger Mozarteum und spielte sieben Jahre im Ensemble des Mainzer Schauspielhauses, Mädchen-Rollen in Klassikern und in vielen Uraufführungen. Sie kündigte, nahm das Risiko der Arbeitslosigkeit in Kauf. Durch ihre Agentur kam sie in die „Verbotene Liebe“ und stand vier Jahre vor der Kamera. Durch die täglichen Dreharbeiten gewöhne man sich an die Kollegen, Schauspieler und Techniker. „Sie werden zu einer Ersatz-Familie.“
Bockelmann, verheiratet und Vater von zwei Kindern, pendelt zwischen Köln und Düsseldorf, da er neben dem Engagement in der Komödie seine Drehtermine für „Unter uns“ einhalten muss. Gerade stand er als Malte Winter vor der Kamera in der Folge, die Silvester gesendet wird. In acht Monaten werde heute das Pensum von einem Jahr produziert. Wegen des Sparzwangs werden 37 Minuten pro Drehtag aufgenommen, früher 22 Minuten.
„Wer das Schauspielhandwerk nicht gelernt hat, gerät bei diesem Tempo schnell ins Schwimmen.“ Gutes Gedächtnis und schnelles Reagieren auf den Regisseur sind gefragt. Deshalb stehe er gerne in der Komödie auf der Bühne. Das sei gutes Training; denn einen Satz wiederholen könne man hier nicht.
Beide schwärmen von der Arbeit mit Regisseur Thomas Weber-Schallauer, der „Mein perfekter Partner“ auf Tempo getrimmt habe. 14 Jahre den Malte Winter vor der Kamera spielen? Ist das nicht langweilig? Nein, erwidert Bockelmann. Man müsse der Figur nur neue Seiten verleihen und Ideen einhauchen. Außerdem biete ein TV-Vertrag ein relativ sicheres Einkommen. Bei dem heute schwierigen Arbeitsmarkt für Schauspieler ein starkes Argument. Nebenbei baut sich der Mime noch ein zweites Standbein auf, als Moderator für Gala-Vorstellungen oder Auto-Präsentationen.
Tatjana Kästel hat neben der Komödie derzeit — neben kleinen TV-Rollen — kein Serien-Engagement. Sie gibt bis Mitte November jeden Abend ihr Bestes als Loretta, die verlassene Freundin von Aaron — gespielt von Andreas Elsholz, ebenfalls einem Serienstar der 90er, der vier Jahre lang in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ vor der Kamera stand. Ziel für beide: eine Hauptrolle in einer Serie oder Film in der Prime-Time des Fernsehens: „Dahin wollen alle Schauspieler.“