Wagner — reine Frauensache
Der Düsseldorfer Wagner-Verband wurde im März vor 100 Jahren gegründet.
Düsseldorf. Vereinsmeierei? Reine Männersache. Das war zumindest bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts so. Doch in Sachen Richard Wagner gaben stets die Frauen den Ton an. Es waren die Damen der feinen Gesellschaft, die vor 100 Jahren Vereine zu Ehren von Richard Wagner gründeten.
Angeregt hatte das 1882 noch das Musikgenie selbst: Nach Vollendung seines „Parsifal“ wollte Richard Wagner unbedingt auch weniger Betuchten und besonders jungen Musikern und Musikliebhabern seine Festspiele in Bayreuth ermöglichen.
„Die Unterstützung durch Stipendien ist bis heute Grundlage unserer Arbeit“, erklärt Lotte Zahn. Die gelernte Stahlhändlerin leitet seit 1979 den Ortsverband Düsseldorf. Sie wurde von ihrem opernbegeisterten Vater geprägt. Anfangs sah sie Wagner skeptisch. Erst als junge Frau lernte sie seine großen Opern kennen, 1964 als Stipendiatin des Wagnerverbandes.
Heute ist es Lotte Zahn selbst, die Ausschau hält nach begabten jungen Musikern. Häufig besucht sie Abschluss- und Examenskonzerte in der Schumann-Hochschule. Auf Empfehlung von Professoren vergibt der Verband Stipendien an Sänger, Instrumentalisten oder Musikwissenschaftler. Sie fahren zu den Wagner-Festspielen nach Bayreuth. „Einige von ihnen sind in der Musikbranche zu Ruhm und Ehren gekommen“, sagt Zahn. Etwa der Cellist Thomas Beckmann und der Bariton Andreas Schmidt.
Seitdem jedoch der Ortsverbands auf 140 Mitglieder — vor dem Krieg waren es noch 300 — geschrumpft ist, reicht das Geld nur noch für drei Stipendien. Früher waren es sechs. Und auch wenn die Verbände eng an den Wagner-Clan gebunden sind — aus Bayreuth gibt es keinen Pfennig für die Nachwuchsförderung.
Der Düsseldorfer Verband wurde — nach Hannover, Dresden, Berlin — im Jahr 1911 um den 25. März herum gegründet. Er trug damals noch den Namen „Richard Wagner Verband deutscher Frauen“. Ins Leben rief ihn Adelheid Oehler, Ehefrau des damaligen Oberbürgermeisters, die zahlreiche prominente Ladys um sich scharte. Insgesamt 93 Mitglieder zählte die Gruppe.
Für die Gattinnen der Wirtschafts- und Wissenschafts-Elite gehörte es zum guten Ton, sich im Wagnerverband zu engagieren, Vorträge und Konzerte zu besuchen. Immerhin trat Kronprinzessin Cecilie von Preußen als Schirmherrin auf. Und wenn „Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit“ sich die Ehre in Düsseldorf gab, wollte die weibliche High-Society nicht fehlen.
1914, zu Beginn des Ersten Weltkriegs, wurde der Verband aufgelöst, 1937 belebte ihn Hilde Krauss, die Gattin des Opernintendanten, neu. Damals in Anwesenheit von Winifred Wagner, der neuen Herrin von Bayreuth, die sich später mit dem NS-Regime verband. 1950 gab es in Düsseldorf wieder einen Neuanfang, und wieder initiierte ihn Hilde Krauss. Erstmals waren auch Männer zugelassen.