Düsseldorf Wanda hat sich der „Amore“ verschrieben

Die Lieblinge der jungen Frauenwelt und der Hipster rocken das Zakk. In allen ihren Liedern geht es nur um die Liebe.

Düsseldorf: Wanda hat sich der „Amore“ verschrieben
Foto: Henrik Josef Boerger/dpa

Düsseldorf. Die fünf Typen sehen so aus, als kämen sie direkt vom Teppichklopfen in einem schmuddeligen Wiener Hinterhof. Alleine dem Sänger, Michael Marco Fitzthum, geht gnadenlos alles ab, was dem Klischee nach einen Popstar ausmacht: Unter einem farblosen Schlabberfetzen trägt er ein weißes Unterhemd. Auf seinem Kopf ist das lichter werdende Haupthaar in einer Frisur der Marke „Es liegt halt, wie es liegt“ arrangiert. Seine Kollegen sehen aus wie Statisten, die aus einer x-beliebigen TV-Serie der 80er ins Rampenlicht verpflanzt wurden.

Kein Zweifel: Falco, der ewige Gott des Austro-Pop und Obercoole unter den Coolen, würde die Musiker von Wanda mit dem Hintern nicht anschauen, wenn er noch lebte und ihnen irgendwo begegnete. Aber die Menschen im ausverkauften Zakk flippen aus. Einfach so. Eineinhalb Stunden lang. Zu Wiener Teppichklopfern, die Musik machen. Sie singen außer sich vor Euphorie sogar die Texte im Wiener Schmäh mit.

Und das mitten im Rheinland, wo normalerweise jeder Dialekt, der seinen Ursprung südlich der Eifel, nördlich des Düsseldorfer Flughafens, östlich der A3 oder westlich von Krefeld hat, nicht nur belächelt, sondern ausgelacht wird. Wanda stehen bei ihrem ersten Auftritt in der Stadt auf der Bühne und zeigen den Menschen, was ein Mysterium ist. Denn etwas Heißeres und Cooleres und Hipperes als Wanda gibt es im deutschsprachigen Pop derzeit nicht. Sie platzten in diesem Jahr in die Szene wie der Komet, der die Dinosaurier ausgerottet haben soll, einst in die Erdatmosphäre hineingeplatzt sein muss. Wanda sind die Lieblinge der Musikjournaille.

Sie sind — dazu reicht ein Blick ins Publikum — die Lieblinge der jungen Damenwelt und der Hipster mit ihren langen Bärten und schrägen Riesenbrillen aus den 70er Jahren. Und sie sind all das, obwohl sie eine stinknormale Mischung aus Beatmusik mit einem Rock’n’Roll spielen, der weniger rollt als vielmehr rumpelt.

Man denkt immer wieder, dass gleich einer wie Wolfgang Fierek, der ja eigentlich Bayer ist, der aber irgendwie wie Wanda klingt, um die Ecke kommt und die Resi mit sei’m Traktor abholt. Oder Opus, die in Endlosschleife „Life ist life“ brüllen. Doch dann verflüchtigt sich das Mysterium und Wanda zeigen auch dem letzten Grübler, warum sie die Könige sind und gut gelaunt auf Falcos Grab im Promi-Abschnitt des Wiener Zentralfriedhofs tanzen und warum Falco dazu wahrscheinlich vom Himmel herunter grinst: Wanda haben sich bedingungslos der „Amore“, der Liebe, verschrieben.

Davon handelt jedes ihrer Lieder, die zudem allesamt Ohrwürmer sind. Ihre Liebe indes ist nicht die romantisch-schmalzige, die einem von den Volksmusikbarden beharrlich um die Ohren gehauen wird. Ihre Amore ist die, die für alle da ist und die jeder kennt: die tragikomische, die einen wie der Blitz trifft und die am Ende doch mit hysterischem Lachen unterlegt zwischen Weinflaschen und Bierlachen auf den dreckigen Straßen in Wien — und natürlich mit gereckten Fäusten in „Bologna“ — verendet.

Und wenn diese Amore tot ist, dann tun Fitzthum und seine Wanda-Boys das, was jeder Liebesdeprimierte so gerne tun würde, aber meist nicht schafft: Sie lachen drüber und gehen zum nächsten „Easy Baby“, dem sie einen „Bussi“ auf die Wange schmatzen und beschwipst von Schnaps vorlallen: „1,2,3,4 — es ist so schön bei Dir!“ So schön wie bei den stinknormalen Typen von Wanda.