Museum Kunstpalast Wie Düsseldorf zu einer Elite-Schau kommt

Cranach-Experte Gunnar Heydenreich legte als Restaurator einst die Wurzeln für die 2017 geplante Ausstellung in der Landeshauptstadt.

Foto: smkp

Düsseldorf. Beat Wismer bereitet seinen Abgang 2017 mit einem Paukenschlag im Museum Kunstpalast vor. Er plant im Luther-Jahr eine Ausstellung zu Lucas Cranach dem Älteren (1472 bis 1553). Dies ist ein kühnes Projekt für Düsseldorf, das nur zwei Werke besitzt, im Vergleich zu den reichen Beständen in München, Berlin und Ostdeutschland.

Wenn Wismer sein Unterfangen im April 2017 eröffnet, so liegt dies an Gunnar Heydenreich, der einst am Restaurierungszentrum angefangen hat und heute die Koryphäe für Cranach ist. Er wird am Donnerstag, 15 Uhr, im Kulturausschuss im Rathaus erwartet. Im WZ-Gespräch schildert er, was es mit der Cranach-Ausstellung und dem Cranach-Archiv auf sich hat, das er leitet.

Heydenreich, der über Cranach promovierte und heute Professor an der TH Köln ist, hat von 1993 bis 2009 in Düsseldorf als stellvertretender Leiter am Restaurierungszentrum gearbeitet. Das digitale Cranach-Archiv begründete er mit dem Museum Kunstpalast. Es bündelt das Wissen über diesen Künstler und wird bis 2018 von der Mellon Stiftung, NY, unterstützt. Düsseldorf zahlt lediglich den gemieteten Server und erhält als Gegengabe den Kontakt zu den wichtigsten Museen der Welt.

Der Cranach-Spezialist schwört auf „seinen“ Künstler, wenn er erklärt: „Cranach ist der innovativste Künstler der deutschen Renaissance. Kein anderer hat so viele neue Bildideen generiert, kein anderer hat derart neue Produktionsformen für die Kunst etabliert. Er hat sehr effektive Methoden entwickelt, um die Kunst in sehr großem Umfang zu produzieren, und zwar lange vor Warhol. Und er hat letztlich die Reformation mit auf den Weg gebracht.

Ohne diesen historisch glücklichen Umstand, dass Cranach, Luther und Friedrich der Weise in dieser kleinen Stadt Wittenberg lebten, hätte es diese Reformation nicht gegeben. Ohne seine Visualisierung wäre die Entwicklung nicht mit dieser rasanten Geschwindigkeit vonstattengegangen.“

Die Ausstellung wird einen Schwerpunkt in der Verbreitung des neuen Glaubens haben. Heydenreich sagt: „Cranach war ein enger Freund von Martin Luther, sein Trauzeuge bei der Heirat mit Katharina von Bora und später Taufpate ihres Sohns. Er prägte das Bild Luthers in der Welt.“

In seiner Werkstatt druckte Cranach reformatorische Schriften und Luthers Übersetzung des Neuen Testaments. Später inspirierte ihn Philipp Melanchthon dazu, die lutherischen religiösen Ideen mit neuen Bildthemen zum Ausdruck zu bringen.

Der zweite Komplex gilt Cranach in Europa. Heydenreich: „Es ist ein spannendes Phänomen, dass ein europäischer Gedanke schon bei Cranach existierte, der über politische Grenzen hinweg mit vielen Fürstenhäusern kooperierte. Und er fertigte auch Bilderzyklen in katholischer Tradition. Hierfür waren etwa die albertinische Linie der sächsischen Fürsten und Kardinal Albrecht von Brandenburg wichtige Patrone.“

Weitere Aspekte gelten den maltechnischen Fragen und der Werkstattorganisation. Heydenreich berichtet: „Cranach entwickelte schnellere Maltechniken und standardisierte Arbeitsabläufe, die ihm eine bessere Aufgabenverteilung ermöglichten. Er arbeitete in unterschiedlichen Medien, hat als einer der Allersten mit Golddruck experimentiert und war Vorreiter des mehrtonigen Drucks.“ Die Erkenntnisse werden medial aufbereitet, aber auch in Pigmenten, Farben und Hölzern zur Anschauung gebracht.

Cranachs Stil hat großen Einfluss auf die Kunst der Moderne. Heydenreich lobt: „Cranach hat sich im Gegensatz zu Dürer nicht dem Formideal der italienischen Renaissance unterworfen. Ihn interessierte nicht das Messbare. Seine Bilder funktionieren auch dann, wenn sie nicht anatomisch korrekt gemalt sind. Gerade die Figuren von Adam und Eva haben mit ihren manchmal leicht verrenkten Positionen etwas Einmaliges. Deshalb haben sich Künstler wie Picasso, Corinth, Kirchner und Warhol mit ihm im 20. Jahrhundert auseinandergesetzt.“

Fazit: Cranach stand bisher in der Wertschätzung der Kunsthistoriker hinter Dürer und Grünewald. Das soll sich mit dieser Ausstellung ändern.