Stadtgeschichte Pferdeäpfel, Kö und Friedrichstadt: Historiker räumen mit Mythen auf

Düsseldorf · Neue Studie deckt Zusammenhänge für Namensgebungen von Straßen und einem Stadtteil in Düsseldorf nach 1848 auf – im Zentrum steht nicht Friedrich Wilhelm IV. sondern der „Alte Fritz“.

Der Stich von Johann Heinrich Weiermann zeigt eine Ansicht der Düsseldorfer Kastanienallee um 1820, später umbenannt in Königsallee.

Foto: ja/Stadtarchiv Düsseldorf

Historiker seien auch „Lügenjäger“, sagte Professor Volker Ackermann, der Vorsitzende des Düsseldorfer Geschichtsvereins (DGV), als er am Dienstag mit seinem „Vize“ Benedikt Mauer, dem Leiter des Stadtarchivs, das neue „Düsseldorfer Jahrbuch“ in der Mahn- und Gedenkstätte vorstellte.  Der vielleicht interessanteste Aufsatz des 428-Seiten-Bandes räumt nicht mit Lügen, wohl aber mit hartnäckigen Düsseldorfer Mythen und Legenden auf – im Zusammenhang mit der Königsallee, preußischen Königen und dem Stadtteilnahmen Friedrichstadt.

Im kollektiven Geschichtsbewusstsein ist vor allem der „Pferdeäpfelvorfall“ vom 14. August 1848 noch immer präsent. Macht sich ja auch gut, wenn die Düsseldorfer als mutig-aufmüpfige Bürger rüberkommen, die dem reaktionären Preußenkönig Friedrich Wilhem IV. bei dessen Besuch mal so richtig einen mitgaben und ihn sogar mit Pferdeäpfeln bewarfen. Zweifel an der historischen Authentizität dieser Wurfattacken wurden immer mal wieder laut, dann aber rasch weggewischt. Jetzt machen die drei Historiker  Christoph Laugs, Christian Schwartz und Robert Kieselbach in ihrem Aufsatz („Zum Gedenken an die glorreiche Regierung des großen Königs“) klar Schiff: Dafür, dass Friedrich-Wilhelm IV auf seiner Kutschfahrt von der Kastanienallee (heute Königsallee) zum Schloß Jägerhof von wütenden Düsseldorfern mit Pferdeäpfeln beworfen wurde, gibt es keine seriöse Quellengrundlage. Im Gegenteil: In den Zeitungen, aber auch in Polizei-Protokollen fand sich kein Wort darüber. Stattdessen entstand die Legende erst Jahrzehnte später.

Unstrittig freilich ist, dass der Preußen-König in Düsseldorf auf lautstarken Protest stieß und dass es zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen der Bürgerwehr und preußischen Soldaten kam. Danach blieb das Verhältnis des Königs zur Stadt Düsseldorf gespannt, allerdings fanden die Historiker dann auch keine klaren Belege dafür, dass die Stadt die Kastanienallee 1854 deshalb in Königsallee umbenannte, um den Preußenregenten zu besänftigen. Im Gegenteil: Die sechs Jahre lange Spanne zwischen dem vermeintlichen Pferdeäpfel-Angriff und der Umbenennung spreche eher gegen einen kausalen Zusammenhang.

Sicher sind sich die jungen Forscher dagegen bei weiteren wichtigen Namensgebungen im Zuge der Stadterweiterung nach 1851. Der Name Friedrichstadt für die südliche Innenstadterweiterung bezieht sich nicht wie bislang immer angenommen auf besagten Friedrich Willhem IV, sondern auf den „Alten Fritz“, also auf Friedrich den Großen (König von 1740 bis 1786). Gleiches gelte für die Friedrichstraße, die eben nicht – wie es unterhalb des Straßenschildes steht – nach Friedrich Wilhlem IV. sondern nach Friedrich II. benannt wurde. So sei im Beschluß des Gemeinderates 1852 explizit auf den Beinamen „der Große“ verwiesen worden, ebenso wie auf die Einweihung des Reiterstandbildes für Friedrich den Großen in Berlin 1851.  Vermutlich wurde auch die parallel verlaufende Elisabethstraße nicht nach Elisabeth von Bayern, der Gemahlin von Friedrich Wilhelm benannt. Sondern nach der Frau von Friedrich dem Großen: Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern.

Düsseldorfer Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Band 89 (2019), herausgegeben vom Düsseldorfer Geschichtsverein