Mensch und Umwelt: Bizarre Performance

Die Düsseldorfer Gruppe Rotterdam Presenta macht zu wenig aus dem interessanten Thema.

Foto: Katja Illner

Sanftes Meeresrauschen und Wasserplätschern, leichter Wind aus der Maschine, aufsteigender Rauch auf dem Publikumsrang und ein monotones Brummen. Die ersten Minuten im theatralen Ökosystem muten geheimnisvoll und meditativ an. Dann setzt ein bedrohlich klingender Beat ein und einer der vier Performer auf der Bühne heißt die Zuschauer willkommen.

Anschließend wechseln sich plastische Darstellungen, raumklimatische Versuchsanordnungen und aberwitzige Lectures ab, die sich allesamt mit der Wechselbeziehung von Mensch und Umwelt beschäftigen. Die Zuschauer werden Zeuge einer kuriosen Konferenz, die jeder Wissenschaftlichkeit entbehrt. So bedient sich einer der Performer bei der Vorstellung einer neuen Maschine, die angeblich die Eigendynamiken des Ökosystems aufzeichnen kann, bei Zitaten von Kate Bush, Pippi Langstrumpf und dem Fußballer Johan Cruyff.

Ein anderer schlägt in seinem Vortrag die Verbindung vom Grzimek-Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben“ aus den späten 50ern hin zu Jurassic Park 2 und der Gattung der Shrimpansen aus dem Animationsfilm „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen 2“. Die vier Performer wenden sich nacheinander ans Publikum, agieren verbal aber nicht miteinander.

Hinter dieser bizarren Performance im theatralen Ökosystem mit dem Titel „Hemispheres“ steckt die Düsseldorfer Gruppe Rotterdam Presenta, die vor acht Jahren von Choreograph Jan Rohwedder und Theatermacherin Stine Hertel gegründet wurde. Die Bühnenstücke der Gruppe, der auch Wissenschaftler, Performer und Forscher angehören, nehmen den Theaterraum nicht als gegeben hin. Stattdessen werden eigene Architekturen entworfen.

So auch in der neuen Inszenierung, in der mittels atmosphärischer Licht- und Nebeleffekte und einer Reihe von Requisiten eine abgeschlossene, künstliche Welt auf der Bühne erschaffen wird. Von der ersten Minute an wird der Zuschauer in jene surreal anmutende Welt hineingezogen, was unbestritten einen gewissen visuellen Reiz ausübt. Angelehnt ist die Performance an einen 1987 in Arizona unternommenen Versuch, eine künstliche Welt aus Pflanzen, Tieren und Menschen unter einer riesigen Kuppel zu schaffen.

Acht Menschen sollten für zwei Jahre mit 3800 anderen Arten aus Flora und Fauna koexistieren, doch die Versuchsanordnung „Biosphere 2“ (die erste Biosphere stellte die Erde als Ganzes dar) erwies sich als extrem labil. Der Sauerstoff wurde knapp, eine tropische Ameisenart verbreitete sich unaufhaltsam und als Nahrung blieben den Bewohnern ausschließlich Süßkartoffeln. Der Mensch als Teil des Ökosystems war nicht in der Lage, seine selbst geschaffene Biosphäre zu erhalten.

Mit der Wechselbeziehung von Mensch und Umwelt hat sich die Performancegruppe ein aktuelles wie brisantes Thema ausgesucht. Wer angesichts anhaltender Debatten erwartet, dass politische Anliegen künstlerisch verarbeitet oder verlautbart werden, tut dies bei der schrägen Performance jedoch vergeblich. An vielen Stellen bleiben Rotterdam Presenta im Vagen und wählen lieber einen verspielten, minimalistischen und stellenweise auch komischen Ansatz.

Vom Publikum bei der Premiere im nur halbvollen FFT Juta wird die einstündige Versuchsanordnung mit wohlwollendem, aber nicht überschwänglichen Applaus goutiert. Der Funke wollte nicht so ganz überspringen bei dieser Exkursion, deren visuelle Reize letztlich größer sind als Inhalt und Erkenntnisgewinn.