Messe-Chef Werner Dornscheidt: "Ich bin verliebt in meinen Job"

Werner Dornscheidt arbeitete schon als Student bei der Messe. Jetzt zieht der gebürtige Düsseldorfer als Chef seine Zehn-Jahres-Bilanz.

Düsseldorf. Herr Dornscheidt, wann waren sie zuletzt privat auf einer Messe?

Dornscheidt: Als privater Messebesucher bin ich selten unterwegs. Das liegt einfach daran, dass ich rund um das Jahr und den Globus für unsere Messen in Düsseldorf aktiv bin. Aber die letzte „Jagd & Hund“ in Dortmund hat es mir angetan. Zumal wir einen „Jäger“ zu Hause haben: unser Rhodesian Ridgeback wurde ursprünglich in Afrika zur Löwenjagd eingesetzt.

Vom Messebesucher zum Messemacher — nach Investitionen von 500 Millionen Euro stehen nun weitere von 600 Millionen Euro in die Hallen an. Was macht Sie optimistisch, dass sie das aus eigener Kraft schaffen?

Dornscheidt: Weil wir sehr gut wirtschaften und subventionsfrei sind. Weil wir sehr genau wissen, was wir unseren Kunden anbieten wollen und müssen — denkt man zum Beispiel an die Anpassung der Haustechnik an aktuelle Bestimmungen. Alles aus eigener Kraft. Das heißt: Überschuss wird sofort wieder in Veranstaltungen, Gelände und Technik investiert — und damit in den Service für Aussteller und Besucher.

Trotz der anstehenden Investitionen — der Kämmerer hat wieder eine Ausschüttung von acht Millionen Euro für den Haushalt 2014 eingeplant. Einverstanden?

Dornscheidt: Unsere Gesellschafter wissen, was sie tun. Sie wissen, was die Messe Düsseldorf für die Stadt bedeutet. Dass wir im Gegensatz zu den meisten Messen ohne Subventionen auskommen, Gewinn bringen. Und Umsätze in der Stadt generieren: Hotels profitieren ebenso wie Gastronomie, Fernverkehr oder Taxiunternehmen von uns. Eine Ausschüttung ist also dann in Ordnung, wenn die Stadt das wirtschaftliche Potenzial in verträglichem Maße nutzen möchte und gleichzeitig die positive Weiterentwicklung der Messe im Auge hat. Und das entscheidet unser Aufsichtsrat.

Sie haben die Hotels angesprochen — die haben in den vergangenen Jahren heftige Kritik von Ihnen einstecken müssen, weil sie zu Messezeiten extreme Aufschläge genommen haben.

Dornscheidt: Wir sind in laufenden und guten Gesprächen mit den Hoteliers. Zum einen nehmen die einschlägigen Häuser heute fast kaum noch überhöhte Preise, zum anderen arbeiten wir nur noch mit ausgewählten Reisebüros zusammen, die sich auf zumutbare Aufschläge beschränken. Überhöhte Raten mit einer Range von 160 Euro pro Zimmer über das Hotel direkt bis zu 500 Euro über ein Reisebüro können wir nicht tolerieren. Schon gar nicht mit Blick auf die Aussteller und Besucher — also gemeinsame Kunden von Hotels und Messe.

Und wie zufrieden sind Sie mittlerweile mit den Taxiunternehmen?

Dornscheidt: Taxifahrer sind in vielen Fällen der Erstkontakt unserer Kunden und damit immens wichtig. Mit vielen bin ich sehr zufrieden. Aber es gibt immer noch einige, bei denen ich Nachholbedarf sehe. Wenn ich einem Fahrer erklären muss, wie er am schnellsten von der Messe zum Flughafen kommt, verliere ich die Geduld. Wir hatten schon Besucher, die zum Hilton wollten und in Hilden gelandet sind.

Stimmt es eigentlich, dass Sie schon als Student bei der Messe gearbeitet haben?

Dornscheidt: Das ist richtig. Ich bin ein Messegewächs. 1975 habe ich mich auf eine Zeitungsanzeige hin beworben und bin zuerst in der Poststelle gelandet, wechselte dann in die Auslandsbuchhaltung und fuhr in den folgenden Jahren zwei Mal zu den Messen nach Moskau. Das war natürlich spannend, hinter dem „Eisernen Vorhang“. Rund 10 000 Kilometer bin ich damals als Fahrer durch Moskau gekurvt. 1979 wurde ich dann Auslandsreferent.

Nach so vielen Reisen nach Russland, sprechen Sie die Sprache eigentlich?

Dornscheidt: Sagen wir mal so: Ich verstehe sie ganz gut und kann die Buchstaben lesen.

Sie sind mehrere Monate im Jahr auf Reisen, waren kürzlich wieder in China und Indien, wozu eigentlich?

Dornscheidt: Aufbau unseres Netzwerks, Etablierung von Produktfamilien, Aussteller- und Besucherakquise für die homebase und die weltweiten Standorte — kurz gesagt. Wir akquirieren heute in 136 Ländern, haben sieben internationale Tochtergesellschaften in den globalen Wachstumsmärkten und veranstalten 80 Messen überall auf der Welt. Der Erfolg gibt diesem Engagement recht: 60 Prozent der Aussteller und über 50 Prozent der Besucher bei unseren Investitionsgütermessen kommen aus dem Ausland nach Düsseldorf und machen uns zu einem der internationalsten Messeplätze weltweit.

Zwölf-Stunden-Tage als Messechef sind Ihnen offenbar nicht genug, sie sind ja auch noch Honorarkonsul für Mexiko. Wie kam es dazu?

Dornscheidt: In meiner Zeit in Leipzig war ich bereits Honorarkonsul von Finnland. Durch unsere weltweite Vernetzung, unsere internationale Veranstaltungskompetenz und die vielfältigen Verbindungen nach Südamerika wurde ich für diese Position vorgeschlagen. Ich habe im Verwaltungshochhaus unser Konsulatsbüro und wir sind Ansprechpartner für vielfältige honorarkonsularische Angelegenheiten.

Dadurch werden die Arbeitstage aber auch nicht kürzer. Manche bezeichnen Sie ja als Workaholic?

Dornscheidt: Da mag was dran sein. Ich bin verliebt in meinen Job. Die Messe ist mein Leben. Großes Vorbild: der ehemalige Messechef Kurt Schoop, ein echter Powertyp. Er ruft übrigens heute noch jeden Freitag an und fragt, wie es „seiner“ Messe geht.

Gibt es denn etwas, das Ihnen an Ihrem Beruf nicht gefällt?

Dornscheidt (überlegt lange): Etwas, dass ursächlich nichts mit Messemachen zu tun hat: Unstimmigkeiten im Kollegen- und Mitarbeiterkreis. Wenn ich einschreiten muss. Der Spagat zwischen Chef und Kollege, die eigentlich beide ein gemeinsames Ziel verfolgen sollten, ist oft schwierig. Sehr eindeutig ist meine Meinung zu Illoyalität.

Was zählt noch zu Ihren Grundsätzen?

Dornscheidt: Der Wichtigste: Messe machen ist Dienst am Kunden. Das fängt bei einer ganz einfachen Frage an: Kann ich Ihnen helfen?

Trotz der insgesamt positiven Entwicklung der Messe verzeichnen Sie doch auch geringere Besucherzahlen. Ein Grund zur Sorge?

Dornscheidt: Nein, die Tendenz der Industrie geht Richtung Kostenersparnis. Heute werden keine großen Gruppen mehr zu den Messen geschickt. Aber es kommen insgesamt deutlich mehr Entscheider. Genau das ist für uns wichtig. Und für die Aussteller, die effektivere Gespräche an den Ständen führen und auf Grund der höheren Entscheidungskompetenz der Besucher Geschäft schreiben können.

Ein Schlag war aber sicher der Verlust der Modemesse.

Dornscheidt: Die Modemesse ist für Düsseldorf Geschichte. Eine Entwicklung, die wie so oft auf Marktveränderungen beruht: während es früher klassische Sommer- und Winterkollektionen gab, präsentieren die Unternehmen heute zwölf Kollektionen pro Jahr — das ist nicht möglich auf einer Messe, ein- bis zweimal im Jahr.

Aber ist das nicht ein Imageverlust, wenn Berlin Düsseldorf den Rang abläuft?

Dornscheidt: Für den Laien vielleicht, aber die Profis wissen: Die Umsätze werden in den Showrooms in Düsseldorf gemacht und nicht in Berlin. Hier läuft das Geschäft, in Berlin die Show.

Wie sicher ist die Zukunft der Messe im Internetzeitalter überhaupt noch?

Dornscheidt: Messen müssen sich immer weiter entwickeln. Früher eher mit Ausstellungscharakter, sind sie heute ausgefeilte Produktschauen, die von Kongressen und Wissensforen begleitet werden. Und eben auch vom Internet und den neuen Medien. Ein Problem sehe ich nur bei niedrigpreisigen Konsumgütern — zu denen nicht Caravan Salon und Boot gehören, wir sprechen hier von hochwertigen Konsumgütermessen. Zudem sind wir mit 24 Leitmessen die Nummer eins auf der Welt, insbesondere bei Investitionsgütern. Messen sind Profiteure des Internetzeitalters: die Serviceangebote werden gezielter und ergänzend zur Messe für die Kunden eingesetzt. Die Kundentools komfortabler. Wir können unser Angebot besser präsentieren, die Kunden z.B. bequemer Tickets kaufen, Ihre Kunden und spezifische Stände finden oder Kataloge abfragen.

Stimmt es eigentlich, dass sie keine E-Mails schreiben, sondern nur Briefe mit dem Füller?

Dornscheidt: Natürlich schreibe ich auch E-Mails, wenn es schnell gehen muss. Briefe zu schreiben finde ich persönlicher, und das mache ich auch sehr oft. Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun. Sich Zeit für jemanden zu nehmen - heute nicht mehr selbstverständlich.

Sie sollen ja auch eine größere Füllersammlung besitzen, mit einem Wert von mehr als 15 000 Euro.

Dornscheidt: Stimmt. Mein Vater hat mir den ersten Montblanc geschenkt. Da hat es mich gepackt. Hinzu kommt eine Bleistiftsammlung, ich tippe auf 3500, aus aller Welt.

Und wenn Sie den Rest des Tages frei bekämen, was würden Sie machen?

Dornscheidt: Eine Runde Golfen.