Wohnungen in Düsseldorf „Die Mietpreisbremse wird vollkommen ignoriert“
Düsseldorf · Wie in einigen anderen NRW-Kommunen gilt in Düsseldorf eine Mietpreisbremse. Wie wirksam und notwendig ist sie?
Die Mieten in der Landeshauptstadt steigen weiter. Das zeigen verschiedene Daten, auch der gemeinsam von Mieterverein und Eigentümerverband Haus und Grund herausgegebene Mietspiegel. Stellenweise steigen sie auch deutlich zu stark, obwohl die Mietpreisbremse genau das verhinder sollte.
Insgesamt seien die Angebotsmieten in den vergangenen acht Jahren um 32 Prozent gestiegen, wie der Geschäftsführer des Düsseldorfer Mietervereins, Claus Nesemann, sagt. Auch die Bestandsmieten sind demnach teils drastisch in die Höhe gegangen. „Da wir das Gefühl haben, dass die Mietpreisbremse ihren Zweck kaum erfüllt, haben wir uns vorgenommen, dass wir das Thema noch mehr in die Öffentlichkeit tragen“, sagt Nesemann. Entsprechend wurde schon vor Jahren eine Studie in Auftrag gegeben, für die zwischen 2019 und 2022 über 22 000 Online-Wohnungsinserate untersucht wurden. Das Ergebnis: Der Preis gut jeder vierten vermieteten Wohnung verstieß gegen die Regelungen der Mietpreisbremse.
Seitdem habe sich nichts geändert, sagt Nesemann, obwohl die Untersuchung unmissverständlich zeige, „dass Stadt und Staat nicht länger so tun können, als gingen sie die weitverbreiteten, flächendeckenden und teils systematischen Rechtsbrüche nichts an.“
Die Düsseldorfer Stadtverwaltung wollte sich auf eine Anfrage zu ihrer Bewertung der Mietpreisbremse und möglicher notwendiger gesetzlicher Anpassungen nicht äußern. Auch nicht zu ihrer Kenntnis von möglichen Verstößen. Die Mietpreisbremse sei ein zivilrechtliches Thema.
Tatsächlich sind Mieter selbst dafür verantwortlich, gegen mutmaßlich zu hohe Mieten vorzugehen. Doch gibt es durchaus Kommunen, die zumindest einen Blick auf die Entwicklung haben, wie der Düsseldorfer Mieterverein betont. In Freiburg beispielsweise würden die Angebotsmieten von der Stadt überprüft und Vermieter bei einem möglichen Verstoß gegen die Mietpreisbremse darüber informiert. Das könne durchaus den Effekt haben, dass der Vermieter davor zurückschreckt, schätzt auch Johannes Dörrenbächer vom Düsseldorfer Bündnis für bezahlbaren Wohnraum.
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum kritisiert die Stadt
Das Verhalten der Stadt verärgere das Bündnis zusehends. „Die Stadt hat eine Wohnungsbauoffensive ins Leben gerufen, da gibt es Unterstützung für Investoren. Aber im Bestand tut die Stadt fast gar nichts. Da wo die Leute noch zu günstigen Preisen wohnen oder eine bezahlbare Wohnung anmieten möchten, da werden sie nicht geschützt“, so Dörrenbächer. Wünschenswert wäre demnach etwa eine Stelle bei der Stadt, die Mieter unterstützt, besonders bei Fragen rund um die Mietpreisbremse und möglichen Verstößen dagegen.
Insgesamt sei das Thema aber ein gesetzliches Problem, das an die Mieter weitergegeben wird. „Es wird ein Gesetz geschaffen, die Vermieter halten sich nicht daran und die Mieter sollen das dann einklagen,“ so Dörrenbächer. Das sei wie ein Kampf David gegen Goliath. Bündnis und Mieterverein gehen davon aus, dass viele Mieter sich nicht trauen, sich mit ihren Vermietern anzulegen. Man müsse erst mal das Geld für einen Anwalt haben und dann auch die Nerven, einen Rechtsstreit möglicherweise über Jahren durchzuziehen. Außerdem seien viele froh, überhaupt eine Wohnung gefunden zu haben.
Aus einem anderen Grund hält Werner Fliescher vom Eigentümerverband Haus und Grund die Mietpreisbremse für gescheitert. „Statt dauerhafter Verlängerung oder gar Verschärfung einer Mietpreisbremse oder anderer Regeln brauchen wir dringend eine Neubau- und Ausbauoffensive und eine Abschaffung von vielfach vorhandener überflüssiger Bürokratie und Vorschriften beim Ausbau, Sanierung und Neubau von Wohnungen.“ Die Bremse schütze in erster Linie gut situierte Mieter in guten Wohnlagen. „Richtig wäre es, bedürftige Mieter direkt, zum Beispiel mit einem höheren Wohngeld zu unterstützen,“ so Fliescher. Ohnehin, das zeige die Beratungspraxis bei den 19000 Haus und Grund-Mitgliedern, würde die Verstoßquote „im Promillebereich“ liegen.
Das sieht der Mieterverein anders. Auf die Frage, ob die Bremse umgangen würde, sagt er: „Ich würde gar nicht einmal sagen, dass die Vermieter die Mietpreisbremse umgehen. Ich würde eher sagen, dass sie von Ihnen vollkommen ignoriert wird.“ Schließlich drohe ihnen kein Bußgeld, im schlimmsten Fall müssten sie die überhöhte Miete zurückzahlen.
Der Mieterverein fordert, dass die Vorschriften „deutlich verbessert“ und etwa „Schlupflöcher“ wie die Nicht-Anwendung bei als Neubau geltenden Gebäuden und bei Modernisierungen geschlossen werden. Dringend müsste sie dafür aber erst mal verlängert werden, wie Nesemann sagt.
Die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Zanda Martens (SPD) sagt dazu: „Trotz aller Schlupflöcher und Umgehungsmöglichkeiten: Die Mietpreisbremse hat bereits vielen Mieterinnen und Mietern geholfen, überhöhte Mieten erfolgreich zu senken.“ Deshalb habe die Verlängerung, wie im Koalitionsvertrag vereinbar, für die SPD „höchste Priorität“. Den von FDP-Justizminister Marco Buschmann vorgelegten Entwurf nennt sie „völlig inakzeptabel“. Damit werde die Mietpreisbremse „in ihrer bisherigen Form sabotiert und als Instrument in Frage“ gestellt. Die SPD dagegen dränge auf Nachbesserung.