Bombenanschlag in Düsseldorf vor 17 Jahren Mutmaßlicher Wehrhahn-Bomber war als "Sheriff von Flingern" bekannt

Düsseldorf. Fast 17 Jahre nach dem Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn hat die Polizei am Dienstagmorgen einen Verdächtigen festgenommen. Der vorbestrafte Frank S. betrieb damals in der Nähe des Tatorts einen Militaria-Laden.

Blick auf die Facebook-Seite des Verdächtigen.

Foto: WZ

In dieser Zeit war Ralf S. als Zeitsoldat bei der Bundeswehr beschäftigt.

Laut der "jungen Welt" gab es bereits einen Tag nach der Tat, am 27. Juli 2000, Informationen, die auf den den Verdächtigen hingewiesen haben. Den Hinweisgebern zufolge diente der Laden Angehörigen der rechten Szene auch als Beschaffungsquelle für Waffen und Sprengstoff. Bei einer Razzia der Polizei am 2. August 2000 sei jedoch kein belastendes Material gefunden worden. Laut der "jungen Welt" hätten allerdings Möbelpacker fünf Monate später im Keller der Wohnung eine Handgranate und neofaschistisches Propagandamterial entdeckt. Die Polizei schloss damals einen Zusammenhang mit dem Anschlag am Wehrhahn aus.

Das Bombenattentat am Wehrhahn vor 17 Jahren
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Das Bombenattentat am Wehrhahn vor 17 Jahren

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Bereits kurz nach der Tat wurde der heute 50-Jährige festgenommen und verhört, jedoch nach kurzer Zeit aus Mangel an Beweisen freigelassen. Zuletzt wohnte der Mann in Ratingen. Im Sommer 2000 lebte der mutmaßliche Bombenleger im Stadtteil Flingern und soll als Neonazi bekannt gewesen sein. Zudem galt er als Waffennarr und fremdenfeindlich. Aufgrund seines Auftretens war er im Viertel als "Sheriff von Flingern" bekannt.

Im Juli 2014 bekam die Polizei Düsseldorf einen wichtigen Hinweis. Ein Häftling einer Justizvollzugsanstalt berichtete von einem Mitinsassen, der sich "brüstete" für den Wehrhahn-Anschlag verantwortlich zu sein. Es handelte sich hierbei um den zu der Zeit in anderer Sache in Haft befindlichen 50-jährigen Düsseldorfer Frank S.. Außerdem soll Frank S. die Tat auch zuvor zwei weiteren Personen angekündigt haben, die die Ermittler als Zeugen vernehmen konnten. Die Hinweise allein reichte jedoch nicht aus, um den Beschuldigten festzunehmen. Deswegen entschlossen sich die Ermittler des Düsseldorfer Staatsschutzes, den Fall komplett neu aufzurollen.

S. lebt mittlerweile in Ratingen und ist seit einiger Zeit arbeitslos. Unter anderem soll seine schlechte Finanzsituation Grund für den Anschlag gewesen sein, für die er auch Ausländer verantwortlich machte, die mehr Hilfe vom Staat bekämen, als er. Ralf S. konnte die Miete für seinen Laden nicht mehr zahlen und musste diesen aufgeben.

Die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf hat die Verhaftung des Verdächtigen „vorsichtig optimistisch“ zur Kenntnis genommen. Bei den Opfern des Anschlags handelt es sich überwiegend um jüdische Einwanderer, die vom Deutschunterricht an einer Sprachschule kamen.

„Als Jurist bin ich natürlich vorsichtig und zurückhaltend. Erst einmal gilt die Unschuldsvermutung. Aber es gibt eine Verdichtung von Indizien, die dazu führen könnte, dass tatsächlich der Täter gefasst ist. Das bereitet uns vorsichtigen Optimismus und eine kleine Freude“, sagte Michael Szentei-Heise, der Direktor der Jüdischen Gemeinde. Nach so langer Zeit habe damit nicht mehr mit diesem Fahndungserfolg gerechnet, bekannte Szentei-Heise. „Ich denke, dass die Gemeinde das positiv aufnehmen wird. Das Verbrechen bekommt die Chance, gesühnt zu werden.“ dpa/red