Düsseldorf Nach Gast-Kritik: Wirt schießt zurück
Restaurant-Chef Andrej Urosevic sorgt für Furore im Internet. Auch Kollegen kennen den Kampf mit Noten im Netz.
Düsseldorf. „Eigentlich wollte ich heute im Büro arbeiten, aber das wird nichts mehr — das Telefon klingelt ununterbrochen.“ Für den Oberkasseler Restaurant-Chef Andrej Urosevic ist es eine ganz neue Erfahrung, wie schnell man im Internet für Furore sorgen kann. Anlass war die anonyme Kritik eines Gastes, dem es in seinem Restaurant „Andrej’s“ (Luegallee 132) nicht gefallen hat. Urosevic schrieb eine scharfe Replik — die binnen Stunden Dutzende Male geteilt und kommentiert wurde.
Der Gast kommt in seinem Kommentar im Reiseportal „Tripadvisor“ unverblümt zur Sache. Unter der Überschrift „Schlechter Tisch, schlechter Service“ beklagt er die Platzierung („direkt vor einer breiten Säule und sehr nahe an der Toilette“), das Essen („Fisch war lauwarm“) und den Preis („Ich erwarte mehr von einem Abendessen für ca. 80 Euro pro Person einschließlich Wein“).
Urosevic ließ sich das nicht gefallen — und kommentierte die Bewertung. Ironisch und schneidend schrieb er sich den Frust von der Seele, gipfelnd in der Aussage: „Was das Preis-Leistungsverhältnis betrifft, so sind 80 Euro pro Person für einen großen bretonischen Loup de Mer aus dem Leinenfang im Salzteig und Wein definitiv unverschämt und der reinste Wucher. Wäre da nicht der unerhebliche Umstand, dass Sie Champagner getrunken, ein halbes Dutzend der teuersten Belon Austern, Jakobsmuscheln mit geschmorten Kalbsbäckchen auf Hummerlinsen und ein großes Krustentier Pot-au-Feu mit Wildfang-Garnelen gegessen haben.“
Tatsächlich rekonstruierte der Chef Ablauf der Bewirtung, Rechnung und Namen des Gastes, den er auch im Internet veröffentlichte. Was wohl der Grund dafür gewesen sein dürfte, dass sein Anti-Kommentar am Donnerstag von Tripadvisor wieder gelöscht wurde. Im WZ-Gespräch empört sich Urosevic darüber, dass Menschen, „die unsachlich argumentieren und an einer Schlichtung kein Interesse haben, uns im Schutze der Anonymität einen reinwürgen können“. Er meint: „Das war feige.“ Und es schade seinem Restaurant: „Wir sind durch diese eine schlechte Bewertung in der Hitliste der Düsseldorfer Restaurants gleich von Platz vier auf acht abgerutscht.“
Auch Cyrus Heydarian, Hoteldirektor des Breidenbacher Hofs, kennt den Kampf mit den Bewertungsportalen im Netz, für den er sogar einen eigenen Mitarbeiter eingestellt hat. Fünf Mal hat sein Haus bei Tripadvisor die Note „ungenügend“ kassiert. „Das sind zum Teil Querulanten, die sich Einladungen erschleichen wollen.“ Das sei eine „sehr bedenkliche“ Entwicklung. Nichtsdestotrotz antwortet das Hotel stets in höflichem Ton auf negative Kritiken, zum Teil sogar Heydarian selbst. So verteidigte er ein Wiener Schnitzel aus der Brasserie gegen den Vorwurf, es sei trocken gewesen. „Diese Portale sind eben auch eine Chance, enttäuschte Kunden zurückzugewinnen, indem man Professionalität demonstriert und noch einmal den persönlichen Kontakt mit den Gästen sucht.“
Sven Lahme vom Oktopussy beschreibt das schwierige Verhältnis zu den Bewertungsportalen als Hass-Liebe. Zum einen profitiere er von seiner guten Tripadvisor-Platzierung, da mehr und mehr internationale Gäste kämen, „aber jeder hat die Möglichkeit, uns zu zerreißen, auch wenn das nicht gerechtfertigt ist“. Einer tat das, weil es kein vegetarisches Gericht auf der Karte gibt. Lahmes Antwort damals im Netz: „Wenn Sie zu einem Metzger gehen und Gemüse verlangen, sind Sie dann auch erzürnt, wenn es das nicht gibt?“ Lahme betont die spezielle Ausrichtung auf Fisch und Fleisch.
Am meisten beunruhige ihn allerdings, „welche unheimliche Macht“ die Portale mittlerweile hätten. Auf Hotels würden sie bereits finanziell Druck ausüben.