NS-Geschichte 22 neue Stolpersteine in Düsseldorf verlegt
Düsseldorf · 22 Messingtafeln hat die Mahn- und Gedenkstätte jetzt verlegt. Der erste Stolperstein wurde 2003 in Bilk in einem Gehweg verarbeitet. Seitdem kommen jedes Jahr neue hinzu. Insgesamt liegen nun 372 Stolpersteine in der Stadt.
Es sind Geschichten wie die von Rosa Estera und ihrem Mann Simon Klarmann, hunderte solcher Geschichten gibt es in Düsseldorf. Geschichten von Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, Geschichten, die einem jedes Mal einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen. Die Mahn- und Gedenkstätte recherchiert die Schicksale derer, die den Holocaust nicht überlebt haben, weil es so wichtig ist, an jeden einzelnen Menschen zu erinnern. Wie an Rosa Estera, Simon Klarmann und ihre Kinder, für die nun Stolpersteine an der Marktstraße vor der Hausnummer 11 gelegt wurden. Insgesamt sind jetzt 22 neue, zehn mal zehn Zentimeter große Messingtafeln an verschiedenen Standorten in Düsseldorf in den Boden eingearbeitet worden. Damit ist die Zahl der Stolpersteine auf 372 angewachsen.
Die ursprünglich aus Polen stammenden Klarmanns lebten mit ihren drei Kindern im Haus Marktstraße 11. Gemeinsam führten sie ein Geschäft für Stoffe und Schneiderartikel. 1938 wurde die Familie in ihrer Wohnung in der Altstadt von der Polizei abgeholt und an die deutsch-polnische Grenze nach Zbaszyn abgeschoben. Simon Klarmann kehrte kurz zurück nach Deutschland, in dieser Zeit begann der Zweite Weltkrieg. Klarmann floh nach Belgien, wo er festgenommen wurde. Der Familienvater kam erst ins Konzentrationslager Sachsenhausen, dann nach Groß Rosen. Dort starb er am 23. Februar 1942. Seine Frau Rosa Estera Klarmann war mit ihren Kindern immer noch in Polen, die Familie lebte zunächst in Krakau, später in Tarnow. Ob die vier überlebt haben, ist unbekannt.
„Stolpersteine sind immer noch wichtige Wegmarken in der Erinnerungslandschaft unserer Stadt“, sagt Hildegard Jakobs, stellvertretende Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte und leitende wissenschaftliche Betreuerin des Projekts Stolpersteine. „Wir sind derzeit damit befasst, einen großen Onlinegang der Opferbiografien zu entwickeln. Es sind besonders die hinter den kleinen Kunstwerken stehenden Lebensgeschichten, die uns sehr wichtig sind.“ Jeder Stolperstein wird von Patinnen und Paten aus der Gesellschaft übernommen. Es handelt sich dabei um ein Gedenkprojekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. „Er berechnet für jeden Stolperstein derzeit 120 Euro“, erzählt Jakobs. Damit in Düsseldorf das bürgerschaftliche Engagement koordiniert abläuft, kümmert sich der Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte um das Projekt.
Patinnen und Paten können sich mit einem Stolperstein-Wunsch an die Einrichtung wenden, „wir recherchieren die Biografien, sorgen für die historische Richtigkeit, koordinieren die Inschriften, die Lieferung der Steine und die Verlegung im Stadtgebiet“, sagt Hildegard Jakobs. Der erste Stolperstein wurde 2003 in Bilk verlegt. „Bei der Auswahl der Biografien achten wir darauf, dass möglichst im gesamten Stadtgebiet Stolpersteine liegen“, sagt die Projektleiterin.
Einmal im Jahr werden neue Stolpersteine verlegt
In der Regel werden einmal im Jahr neue Stolpersteine verlegt. Dieses Mal gab es auch je einen für Julie und Siegmund Levy, die nun an der Friedrich-Ebert-Straße vor dem Haus mit der Nummer 12 zu sehen sind. Als das Ehepaar dort mit seinen beiden Kindern lebte, hieß die Straße noch Kaiser-Wilhelm-Straße. Siegmund Levy war Partner der Firma Francken und Lang und Mitherausgeber der Handelskammer-Blätter. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten musste er seinen Geschäftsanteil verkaufen. Während die Kinder nach Palästina emigrierten, blieben die Eltern in ihrer Wohnung in Düsseldorf, bis sie in das Judenhaus an der Gartenstraße ziehen mussten. Am 22. April 1942 wurden Siegmund und Julie Levy vom Güterbahnhof Derendorf in das Ghetto Izbica deportiert. Sie haben nicht
überlebt.
Auch der Werkmeister Sally Eduard Heydt starb, an ihn erinnert jetzt an der Kreuzbergstraße ein Stolperstein. Der Werkmeister war mit einer Katholikin verheiratet, ließ sich selbst katholisch taufen, doch durch die Rassengesetze stieg der Druck. Am 28. Juli 1944 nahm sich Sally Eduard Heydt in Kaiserswerth das
Leben.