Opfer: Schüsse fielen ohne Warnung

Prozess um Mordversuch im Wald bei Angermund hat begonnen. Ilja D., der knapp überlebte, sagte aus.

Sollte es ein kaltblütiger Mord aus Habgier werden oder gibt es möglicherweise noch einen unbekannten Dritten? Die Frage soll seit gestern vor dem Landgericht geklärt werden. Auf der Anklagebank sitzt Boris S., ein 49 Jahre alter Automechaniker. Er soll am 19. Dezember vergangenen Jahres einen Kaufmann mit mehreren Schüssen lebensgefährlich verletzt haben — weil er seine Schulden von 15 000 Euro nicht zurückzahlen konnte. Die Staatsanwaltschaft ihn wegen versuchten Mordes angeklagt.

Auf einem Waldparkplatz zwischen Angermund und Ratingen-Lintorf hatten sich die beiden Männer getroffen. Angeblich wollte Boris S. das Geld zurückgeben, das er sich Anfang des Jahres geliehen hatte — wohl, um ein neues Geschäft zu eröffnen. Im Laufe des Jahres soll der Angeklagte immer wieder behauptet haben, dass er bis zu 20 Autos im Monat in die GUS-Staaten verkaufe. Darum habe er die 15 000 Euro sogar früher als vereinbart zusammen.

Wie Ilja D. aussagt, habe man sich auf dem Parkplatz zunächst ganz normal unterhalten. S., der angeblich noch einen potenziellen Kunden treffen wollte, habe ihm erzählt, dass er das Wochenende mit seinen Enkelkindern verbracht habe. „Da habe ich ihm gesagt, dass meine Frau schwanger ist“, berichtet Ilja D.

Kurz danach, so schildert es der Kaufmann, der eine bekannte Wodka-Marke in Deutschland vertritt, spürte er „etwas unten von der Seite. Danach bekam ich keine Luft mehr.“ Er habe nicht geahnt, dass ihn zwei Kugeln getroffen hatten.

De 37-Jährige flüchtete nach draußen, doch der Automechaniker soll ihm gefolgt sein und aus kurzer Distanz zwischen seine Augen gezielt haben — es ist, so glauben die Ermittler, der Schuss, der D. an der Schulter traf. Trotz der lebensgefährlichen Verletzungen konnte sich der Mann noch auf die Landstraße retten, wo mehrere Autofahrer stoppten und die Polizei alarmierten. Auf die Spur von Boris S. kam die Polizei schnell: Bevor Ilja D. ohnmächtig wurde, nannte er noch den Vornamen des Täters und verriet dessen Handynummer. Wenig später konnte der 49-Jährige, der zunächst zu Fuß flüchtete, festgenommen werden.

Der Angeklagte verweigerte zum Prozessauftakt die Aussage und machte nicht einmal Angaben zu seiner Person. In seiner Vernehmung bei der Polizei hatte er allerdings Angaben gemacht. Danach hat es neben Ilja D. noch einen anderen Mann gegeben. Die beiden seien professionelle Geldeintreiber und hätten ihn massiv unter Druck gesetzt. Auf dem Parkplatz sei es dann zu einem Gerangel gekommen, bei dem sich die Schüsse unabsichtlich gelöst hätten. Angeblich soll Boris S. nun Angst vor den Hintermännern der Geldeintreiber haben.

Der Prozess wird am 21. Juni fortgesetzt.