Gesundheit Pflegenotstand erreicht auch ambulante Dienste in Düsseldorf

Düsseldorf · Immer wieder müssen Patienten abgewiesen werden. Es fehlt an Personal — und an grundsätzlichem Umdenken.

Eine Pflegerin hält die Hand einer alten Frau. Der Pflegenotstand macht sich nicht nur in Krankenhäusern bemerkbar. Foto: Christophe Gateau/dpa

Foto: dpa/Christophe Gateau

Zuhause ist es doch am Schönsten. Gerade wenn man krank ist, fühlt man sich oft in der gewohnten Umgebung am wohlsten. Doch ab einem gewissen Alter — oder bei einer schweren Krankheit oder Verletzung — kann es sein, dass man zu Hause nicht mehr ohne Hilfe auskommt. Für diesen Fall gibt es ambulante Pflegedienste, die einem bei alltäglichen Dingen zur Hand gehen. Doch das Personal in diesem Bereich ist knapp — immer wieder müssen die Dienste Menschen abweisen. Und für die kann das zum großen Problem werden.

In Düsseldorf gibt es rund 90 ambulante Pflegedienste, die zu Pflegebedürftigen nach Hause kommen und bei Essen, Waschen oder medizinischen Dingen helfen. Die Diakonie etwa betreut mit 76 Pflegekräften aktuell etwa 450 Patienten, wobei nicht jeder täglich auf Hilfe angewiesen ist. Bei der Caritas sind es knapp 200, um die sich 52 Mitarbeiter kümmern. In ganz NRW gibt es etwa 600 000 Pflegebedürftige wie die Caritas in ihrem Monatsheft berichtet. Etwa 120 000 werden ambulant betreut, 160 000 leben in Einrichtungen. Um den Rest kümmert sich die Familie. Denn viele wollen vermeiden, dass ein Angehöriger im Heim oder Krankenhaus betreut werden muss.

Der Pflegeberuf ist für den Nachwuchs kaum attraktiv

„Es fehlt einfach an Personal“, sagt Dirk Krüger, Abteilungsleiter für die Häusliche Pflege bei der Düsseldorfer Diakonie. Und das hat Gründe. Pflege, so sagt er, ist ein Knochenjob. Doch dass die Lage aktuell so schwierig ist, das habe man in seinem Bereich kommen sehen. „Das hat sich schon angekündigt, als 1994 das neue Pflegeversicherungsgesetz eingeführt wurde“, sagt er. Da sei die Arbeit der Pflegekräfte mehr in Leistungen eingeteilt und damit auch anders getaktet worden. Möglichst viel Leistung in der Arbeitszeit — damit es wirtschaftlich wird. Doch so einfach sei es eben im medizinischen Bereich nicht. Denn etwa das Wechseln eines Wundverbandes ist aufwendig und kann auch mal mehr Zeit kosten.

Wenn die Diakonie Patienten abweisen muss, geht es dabei meist um die Wunschzeiten. Kernzeiten der Pflegekräfte seien zwischen sechs und zwölf Uhr am Morgen und zwischen 15 und 21 Uhr. Wer zu einer bestimmten Zeit Hilfe beim Essen oder Waschen braucht, bei dem kann es dann sein, dass er eine Absage bekommt. In diesem Fall kann man sich an das Pflegebüro der Stadt wenden. „Wir suchen dann eine Möglichkeit — finden vielleicht noch einen Dienst, bei dem es passt“, sagt Roland Buschhausen, der Amtsleiter des Düsseldorfer Sozialamts.

Stadt hält den Pflegeberuf für besser als seinen Ruf

Insgesamt versuche man bei der Stadt, die Pflegesituation zu verbessern. In der Konferenz Alter und Pflege sitzen dazu verschiedene Akteure — von Krankenkassen, Krankenhäusern, Ärztekammer und Pflegeeinrichtungen und -diensten — zusammen und loten aus, wo angesetzt werden muss. Der fehlende Nachwuchs ist dort auch immer wieder Thema. Der Beruf habe ein Imageproblem, findet Buschhausen. Dabei gebe es in der Pflege durchaus Vorteile. „Die Aufstiegschancen sind gut und die Arbeitszeiten dazu flexibler als in vielen anderen Berufen“, sagt er. Auch in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur versuche man, den Beruf jungen Menschen wieder näher zu bringen.

Dirk Krüger reicht das nicht aus. „Es bräuchte politischen Willen, um das System grundsätzlich zu verändern“, sagt er. Und blickt dabei ins Nachbarland. In den Niederlanden sei die Pflege ganz anders geregelt. Fachleute — also Ärzte und Pflegekräfte — entscheiden dort, was ein Patient braucht, erstellen einen Pflegeplan. Und der werde dann umgesetzt — und nicht minutengenau und nach Leistung eingeteilt. Wenn es aus der Politik heißt, man habe verstanden und das Problem erkannt, kann Krüger nur lachen. Auch die 8000 Pflegestellen, die geschaffen werden sollen, sind seiner Meinung nach eine Lachnummer. „Das Kernproblem ist damit nicht gelöst“, sagt er, und: „Die Pflege ist kein Wirtschaftsbereich.“ Hier gehe es auch mal darum, sich Zeit zu nehmen, um Menschen zu helfen und für sie da zu sein. Und das gehe eben nicht nach Stechuhr.