Düsseldorf-Oberkassel RAF-Terror: Film-Dreh vor dem Rohwedder-Haus
Guido Knopp macht eine Reportage zum RAF-Terror im Rheinland — und stellt Fragen zum Mord am Treuhand-Chef vor 25 Jahren.
Düsseldorf. „Die Frage ist nur: Aufklappen oder zulassen?“ Guido Knopp, Deutschlands populärster TV- Historiker, schwenkt einen Aktenordner mit den Buchstaben RAF auf dem Deckel, darunter steht: „Ungelöste Fragen“. Knopp, ganz in schwarz mit weißer Mähne, steht Donnerstagvormittag mit einem Team des Senders Phoenix am Kaiser-Friedrich-Ring in Oberkassel vor dem Haus Nummer 71 — dem Haus, in dem am 1. April 1991 Detlev Karsten Rohwedder, der Chef der Treuhand, ermordet wurde: „Abends um 23.30 Uhr, als er mit dem Rücken zum Fenster im Arbeitszimmer im ersten Stock stand“, trägt Knopp vor.
„Dieser Mordanschlag gilt als letztes RAF-Attentat und ist bis heute nicht aufgeklärt“: Routiniert spricht er die kurzen Texte in die Kamera, die er im Teleprompter abliest. Gedreht wird eine Reportage zum RAF-Terror, die im November ausgestrahlt wird, also bevor sich der „Deutsche Herbst“ von 1977 mit der Hochphase des RAF-Terrors zum 40. Mal jährt. Es geht da vor allem um die Attentate im Rheinland: Die Schleyer-Entführung und Ermordung in Köln, die Ermordung von Gerold von Braunmühl in Bonn 1986 sowie um die ebendort gescheiterten Anschläge auf die Staatssekretäre Hans Tietmeyer (1988) und Hans Neusel (1990).
Aber der von Gerüchten und Legenden umrankte Rohwedder-Mord ist für die Medien noch immer der spannendste. Von „vielen Merkwürdigkeiten“ spricht Michael Krons, der Redakteur, der für Knopp die Geschichte macht: „Warum waren nur die Scheiben im Erdgeschoss aus Panzerglas, nicht aber die oben im Arbeitszimmer? Warum hatte ausgerechnet Rohwedder , der als Chef der Treuhand zu den gefährdetsten Persönlichkeiten in Deutschland zählte, keine Personenschützer?“
Natürlich wolle und könne man den Fall Rohwedder nicht lösen, sagt Krons, „das wäre ja albern“. Man stelle nur Fragen. Das sind allerdings die, die seit 25 Jahren immer wieder gestellt worden sind, allen voran: Steckt dahinter ein Stasi-Auftragsmord? Alle Experten sind sich einig, dass dem nicht so ist, dass der Anschlag zweifelsfrei auf das Konto der RAF geht. Phoenix-Mann Krons ist freilich sicher, dass es indirekte Hilfe der Stasi gab.
Mit Jérôme Soiné hat der Sender auch einen Personenschützer und Gewehrexperten aus Baden nach Oberkassel gebeten. Wie man auf ihn kam, bleibt unklar. Jedenfalls sagt Soiné, bevor er sich ein Zigarillo ansteckt, dass keineswegs ein Profi aus dem Schrebergarten gegenüber der Villa geschossen haben muss, es könne auch ein Anfänger am Gewehr mit nur etwas Übung gewesen sein, denn: „Die 63 Meter bis zum Fenster sind eine kurze Entfernung.“ Was das zur Klärung beitragen soll, weiß man nicht recht, allenfalls spräche auch das gegen die Legende vom Stasi-Scharfschützen.
Phoenix sucht jetzt noch Zeitzeugen zu den RAF-Anschlägen im Rheinland, „das können Augenzeugen, Betroffene und Hinterbliebene sein“, sagt Jean-Christoph Caron vom Filmteam. Die Familie Rohwedder allerdings ist von dem Projekt wenig angetan und möchte offenbar nicht mitwirken. Ihr früheres Zuhause, das Backsteinhaus am Kaiser-Friedrich-Ring, ist derzeit übrigens unbewohnt.