Düsseldorf Rathausführung: Ingrid Kahmann ist die gute Seele des Rathauses

Die 70-Jährige führt Besucher durch das historische Gebäude und kennt jeden Winkel.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Einmal in der Woche öffnet das Rathaus Türen, die sonst geschlossen bleiben. Immer mittwochs wartet Ingrid Kahmann im Foyer und ist gespannt, wer kommt. Denn ohne Anmeldung können sich Neugierige durch das historische Gebäude führen lassen. Die WZ stellt die Frau vor, die jeden Winkel im Rathaus kennt.

„Ich bin wirklich süchtig danach“, sagt Ingrid Kahmann auf die Frage, woher sie all das weiß, was in der 90-minütigen Führung durch das Rathaus in Düsseldorf aus ihr heraussprudelt. Dann fügt sie selbstbewusst hinzu: „Wär’ ja schlimm, wenn Sie mehr wüssten“.

Jeden Mittwoch um 15 Uhr erzählt sie interessierten Bürgern die 440-jährige Geschichte des Gebäudekomplexes am Marktplatz. Und, dass sie mit Leib und Seele bei der Sache ist, merkt man. „Kommen Sie doch auch mit!“, ruft sie der Mutter zu, die mit Kleinkind im Arm eigentlich nur ihren Sohn bringen wollte und hat plötzlich noch zwei Teilnehmer mehr.

Der Rundgang beginnt vor dem Haupteingang des Rathauses im Wilhelminischen Bau. Links von der Rathaustür, deren Türflügel der Rhein und die Düsseldorfer Brücken schmücken, befindet sich das Grupello-Haus. Im Jahr 1708 schenkte Herzog Johann Wilhelm das Gebäude aus Dank für seine Arbeit dem Bildhauer Gabriel Grupello. Heute befindet sich dort der Sitzungssaal für den Rat der Stadt, erklärt Ingrid Kahmann den Besuchern.

Im Erdgeschoss des ältesten Teils des Rathauses rechts von der Ratshaustür befinden sich zwei weitere Sitzungssäale. Marktplatz 1 lautet die Adresse, die jedes Jahr zu Altweiber von Düsseldorfs Möhnen gestürmt wird. Pünktlich um 11.11 Uhr schneiden sie dem Oberbürgermeister die Krawatte ab. „Der einzige Tag im Jahr, an dem man ohne Einladung in den Jan-Wellem-Saal kommt“, betont Ingrid Kahmann. Für die Teilnehmer des Rundgangs wird eine Ausnahme gemacht.

Ingrid Kahmann weiß, wie sie die Zuhörer in ihren Bann zieht. Und wenn sie es nicht schafft, leuchten spätestens bei der Besichtigung des 3D-Stadtmodells auch die Augen des zwölfjährigen Leon, der eigentlich nur für ein Referat in der Schule Informationen sammeln wollte. „Ist das das ganze Düsseldorf?“, fragt er und bringt Ingrid Kahmann zum Schmunzeln. „Ach Quatsch, das ist bloß das Stadtzentrum“,antwortet sie und zeigt ihm das Rathaus in Miniaturformat.

Nicht nur auf Kinderfragen weiß sie zu antworten, sie kann auch mal streng sein, wenn Teilnehmer das gute Benehmen vergessen — auf herzliche Art und Weise. „Da muss man einfach durchgreifen. Über das Rathaus geht mir nichts“, stellt die resolute 70-Jährige fest.

Wie sehr Ingrid Kahmann mit Düsseldorf und dem Rathaus selbst verbunden ist, spürt jeder im holzverkleideten Plenarsaal. Sie schwärmt gerade zu von „ihrer“ Stadt und der Arbeit, die hier geleistet wird. Immer wieder betont sie, dass die Politiker ehrenamtlich arbeiten und ein „bisschen mehr Anerkennung“ verdient hätten. Das werden die Kommunalpolitiker gern hören.

Am Ende der Führung gelangt man in den Jan-Wellem-Saal, wo Ingrid Kahmann ein letztes Mal mit ihrem Wissen aufzutrumpfen vermag. Sie rezitiert Heines Gedichte und glänzt mit Geschichten über die Weihnachtszeit und den schön geschmückten Saal.

Die Düsseldorfer Rathausführung eignet sich somit nicht nur für Touristen oder historisch Interessierte. Ingrid Kahmann öffnet die Pforten für jedermann, von Flüchtlingen bis zu Schulkindern. Sie gibt einem das Gefühl, Eintritt zu gewähren in ihr eigenes Zuhause.

Wer Frau Kahmann außerhalb des Rathauses erleben möchte, hat dazu am 22. Oktober Gelegenheit, bei der Führung durch die Max-Kirche, Citadellstraße 2a.