Düsseldorf Schlaganfall - „Ich habe an den Tod gedacht“

Ralf Kramer brach mit einem Schlaganfall zusammen. Viele Menschen gingen vorbei, bevor endlich ein Passant half.

Foto: Lepke

Düsseldorf. Erst wurde ihm schwindelig, dann kribbelte es in den Füßen und in der Wade. Danach fiel Ralf Kramer einfach hin. Weil er medizinische Vorkenntnisse hat, war ihm sofort klar: das ist ein Schlaganfall.

Der 49-Jährige verlor die Kontrolle über seinen Körper — während der Kopf ganz klar blieb. Und so bekam Kramer mit, wie er etwa 30 Minuten auf einem Weg lag und rund 25 Menschen vorbei gingen, ohne zu helfen. Und das einen Tag vor Heiligabend. Kramer war morgens um 10.30 Uhr gerade zur Straßenbahnhaltestelle Nikolaus-Knopp-Platz in Heerdt unterwegs, auf dem Weg zur Arbeit.

Schließlich blieb doch jemand stehen, rief den Notruf und Ralf Kramer kam ins Krankenhaus. „Ich hatte noch Glück, denn die ersten drei Stunden sind bei einem Schlaganfall entscheidend. Der Arzt sagt, dass ich wohl zu 95 Prozent wieder hergestellt werde.“

Die einzig sichtbare Verletzung ist ein blaues Auge. Beim Sturz prallte er gegen einen Zaun. Doch was den Kommunikationstrainer noch mehr traf, ist die Tatsache, dass so viele Menschen vorbei gingen und ihn einfach liegenließen. „Ein Mädchen hatte ein Handy am Ohr, beugte sich über mich, grinste mich an und ist dann einfach weitergegangen.“

In diesem Moment setzte die Panik ein und Kramer hoffte, dass irgendwann mal einer stehenbleiben und ihm helfen würde. „Ich habe nur gedacht, das kann doch nicht euer Ernst sein. Ich habe in diesem Augenblick an den Tod gedacht.“ Sein Retter Günter Krings erzählte ihm später, dass er einige Zeit auf der anderen Straßenseite stand, wegen des Verkehrs aber nicht rüber kam und allein in dieser Zeit drei Menschen sah, die vorbeigingen.

Warum keiner half, kann er nicht erklären. „Vielleicht haben die Leute gedacht, ich bin ein Obdachloser, der betrunken auf der Straße liegt. Aber das ist auch keine Entschuldigung, auch diesen Menschen muss man helfen.“

Wenn ihn einfach nur mal jemand angestupst und angesprochen hätte, wäre seiner Ansicht nach jedem sofort klar geworden, dass es sich um einen Notfall handelte. „Wäre ich ein süßer kleiner Hund gewesen, dann hätte man sich bestimmt um mich gekümmert.“ Für ihn einfach nur unmenschlich.

Gerne würde er mal einen dieser Menschen kennenlernen. „Ich möchte mit ihnen reden, ganz ohne Aggressionen. Einfach nur wissen, warum.“

Seinen Retter hat er nach einem Aufruf bei Facebook gefunden. „Er hat mich inzwischen auch im Krankenhaus besucht. Wir werden sicherlich Kontakt halten.“

Er hofft, in drei Monaten wieder arbeiten zu können. Aber sein großes Ziel ist es, in zwölf Monaten wieder auf der Bühne zu stehen. Seit Jahren ist er nämlich als Travestiekünstler „Lizzy Heart“ in Deutschland unterwegs. „Ich habe wohl Glück gehabt. Ich habe schon geprobt und festgestellt, dass ich keine Texte vergessen habe“, freut sich Kramer.