Corona-Strategie Seniorenheime nutzen Schnelltests
Düsseldorf. · Künftig können die Betreiber von Alten- und Pflegeheimen Bewohner, Mitarbeiter und Besucher selbst auf das Coronavirus testen. Die Träger stellt das vor große Herausforderungen.
Der Schutz von Senioren in Pflegeheimen vor den Folgen einer möglichen Corona-Infektion wird neu organisiert. „Wir werden künftig Antigen-Schnelltests, die nach 15 Minuten ein Ergebnis bieten, in eigener Verantwortung und Regie regelmäßig umsetzen“, sagt Caritas-Direktor Henric Peeters. Damit reagieren die Caritas und weitere Träger auf aktuelle Vorgaben des Bundes und des Landes. Klaus Göbels, Corona-Krisenmanager und Leiter des Gesundheitsamtes, hält die Einführung grundsätzlich für sinnvoll: „Es ist gut, dass es mit der Neuerung einen dezentralen Ansatz für Alten- und Pflegeheime gibt.“ Die wichtigsten Fakten und Hintergründe im Überblick.
Was bedeutet die Neuerung für die Heime?
Peeters, der auch Sprecher der Düsseldorfer Liga der Wohlfahrtsverbände ist, spricht von „einem deutlichen Paradigmenwechsel“. Bislang habe die Federführung für Testungen immer beim Gesundheitsamt gelegen. So hätten zuletzt die meisten Betreiber, darunter die Caritas, an den dort koordinierten anlasslosen Reihentests teilgenommen. Dass die Ämter angesichts massiv steigender Infektionszahlen nun entlastet würden, sei nachvollziehbar. „Tatsache ist aber auch, dass auf uns jetzt erhebliche personelle, organisatorische und finanzielle Herausforderungen zukommen.“ Ein Konzept, wie die neuen Point of Care-Tests (PoC) konkret umgesetzt werden sollen, wird zurzeit erarbeitet. „Wir wollen jede Woche einmal unsere Mitarbeiter testen sowie alle 14 Tage die Bewohner und Besucher“, sagt Rainer Schlaghecken, Leiter des Pflegereferats. Der logistische Aufwand ist erheblich. Allein bei der Caritas geht es um 800 Bewohner in Heimen, insgesamt 800 Mitarbeiter im Referat Pflege sowie 130 ambulant betreute Bürger. Auch Diakonie-Sprecher Christoph Wand geht von einem Mehraufwand aus. „Derzeit stimmen wir die Einzelheiten des Konzepts ab.“ Die Umsetzung sei auch deshalb aufwendig, weil jeweils eine neue Verordnung des Bundes und eine neue Allgemeinverfügung des Landes beachtet werden ‑müssten.
Wie werden die Neuerungen umgesetzt?
Das organisieren die Träger selbst. „Wir werden dafür Mitarbeiter abstellen, die zuvor eine ärztliche Einweisung erhalten haben“, sagt Schlaghecken. Um diese Kräfte in der eigentlichen Pflege am Bett zu ersetzen, werde man neue Mitarbeiter einstellen, „möglicherweise auch auf Zeit“. Noch unklar ist, wer welchen Kostenanteil übernimmt. Peeters rechnet damit, dass ein PoC-Test um die zwölf Euro kosten wird: „Nach bisherigem Stand soll wohl etwas mehr als die Hälfte übernommen werden.“ Dennoch will er bald mit dem neuen Verfahren starten. „Wir gehen davon aus, dass wir in gut zwei Wochen mit den Schnelltests beginnen.“ Auch die Arbeiterwohlfahrt hat bereits ein Kontingent an Test-Packs geordert. Man plane zunächst eine wöchentliche Testung von Bewohnern, Mitarbeitern und Angehörigen, sagt Referent Wolfram Lotze und fügt an: „Das Ganze ist freiwillig. Bewohner oder Betreuer müssen vorab zustimmen.“
Machen die routinemäßigen Tests Sinn?
Göbels hält den Versuch für wichtig. Entscheidend sei aber, ob die Point-of-Care-Tests dazu beitragen, „dass wir am Ende Infektionen im Bereich der Pflegeeinrichtungen verringern oder sogar weitgehend verhindern können“.
Das könne man aber erst nach einigen Wochen oder Monaten wirklich beurteilen. Auch Peeters, der im Frühjahr anlasslosen Massen-Screenings skeptisch gegenübergestanden hatte, sieht den jetzigen Ansatz positiv: „Der Unterschied ist, dass nun eine fortlaufende Wiederholung vorgesehen ist – das war seinerzeit anders.“ Dass Kontinuität entscheidend ist, betont auch Wand. So sei das Tersteegen-Haus der Diakonie in Golzheim bei der noch vom Gesundheitsamt begleiteten Reihentestung komplett coronafrei gewesen. „Seit Wochenbeginn wissen wir, dass dort 23 Bewohner sowie vier Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt sind.“
Könnte es neue Besuchsverbote geben?
Bei akuten Ausbrüchen ist das nicht zu vermeiden. So gilt ein solches Verbot etwa aktuell für das Tersteegen-Haus. Generelle Verbote sehen die Träger aber trotz steigender Infektionszahlen kritisch.
„Die fast komplette Abschottung hat damals viele Menschen sehr belastet, manche haben das gerade erst verarbeitet“, sagt Schlaghecken. Klaus Göbels appelliert deshalb an die Bürger: Wer so etwas vermeiden will, muss sich konsequent an alle Hygiene- und Abstandsegeln halten.